Staatspreis an US-Historiker John Deak

Der „Karl von Vogelsang-Staatspreis für Geschichte und Gesellschaftswissenschaften“ geht in diesem Jahr an John Deak. Der US-Historiker schließt aus seinen Forschungen: Der Untergang der Habsburgermonarchie war keineswegs vorgezeichnet.

Die mit 7.500 Euro dotierte Auszeichnung erhält Deak für sein Buch „Forging a Multi-National State: State Making in Imperial Austria from the Enlightenment to the First World War“. Der Preis wird heute Abend in Wien verliehen.

„Mögliche Entwicklung zu modernem Staat“

Der Wissenschaftler der Universität Notre Dame im US-Bundesstaat Indiana mit ungarischen und polnischen Wurzeln durchforstete für seine überarbeitete Doktorarbeit über Jahre die Struktur und Praxis der österreichischen öffentlichen Verwaltung in der k.u.k. Monarchie. Diese prägte nicht nur den Charakter des habsburgischen Kaiserreiches und seiner Völker, sondern hatte auch Einfluss auf die Gründung der Nachfolgestaaten, heißt es in der Begründung der Jury.

„Dabei vertrat er anders als viele seiner Kollegen die These, dass der Untergang der Habsburgermonarchie bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges alles andere als vorgezeichnet war“, sagte der Geschäftsführer des Vogelsang-Instituts Helmut Wohnout der APA.

Kaiser Franz Joseph I. vor dem Hofzug

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Spittal an der Drau, 1909: Kaiser Franz Joseph I. vor dem Hofzug im Gespräch mit einem Beamten

Vielmehr sei das Vielvölkerreich ein Staat gewesen, der sich ohne Krieg gut zu einem modernen Staat hätte entwickeln können, so der Tenor der Publikation. Deak erarbeitete seine Doktorarbeit, die er in überarbeiteter Version als Buch publizierte, an der University of Chicago. Dort war er Schüler des über Österreich forschenden Historikers John Boyer.

Förderpreis an Georg Hoffmann

Den mit 2.000 Euro dotierten Förderpreis des Karl von Vogelsang-Instituts erhält der Historiker Georg Hoffmann, Kurator am Haus der Geschichte Österreich. In seinem Buch „Fliegerlynchjustiz. Gewalt gegen abgeschossene alliierte Flugzeugbesatzungen 1943-1945“ bearbeite er einen bis heute weitgehend kaum beachteten Verbrechenskomplex der NS-Herrschaft in Österreich, so die Jury.

Das Projekt habe dazu beigetragen, erstmals das Schicksal vieler abgeschossener westalliierter Flugzeugbesatzungen aufzuklären und ihren Familien späte Gewissheit zu verschaffen. Über Österreich wurden im Zweiten Weltkrieg rund 9.000 amerikanische und britische Flieger abgeschossen, rund 150 Besatzungsmitglieder gelten bis heute als vermisst.

Seit 1980 verleiht das Wissenschaftsministerium Preise für herausragende historische Werke auf Vorschlag einer Jury. Jährlich alternierend wird der Vogelsang-Preis für Gesellschaftswissenschaften und der Victor Adler-Staatspreis für Geschichte sozialer Bewegungen vergeben.

science.ORF.at/APA

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