Gute Geschäfte mit dem Aufnahmetest

Knapp 16.000 junge Menschen treten am Freitag zum Aufnahmetest für das Medizinstudium an, aber nur jeder Zehnte wird einen Platz bekommen. Der Wettbewerb hat in den letzten Jahren zu einem lukrativen Geschäftsmodell für Kursanbieter geführt.

Seit 2013 gibt es den Aufnahmetest MedAT. In diesem Zeitraum haben sich ein Duzend Unternehmen am Markt etabliert, schätzt Hasan Kelani, bei der ÖH der Medizin-Uni Wien für Studien- und MaturantInnenberatung zuständig. Fünf bis sechs davon decken den Großteil des Marktes ab.

Wachsender Markt in Österreich und Deutschland

Der größte Anbieter, die IFS Studentenkurse - Institut Dr. Rampitsch, reagieren nicht auf eine Anfrage zu Teilnehmerzahlen. Ein Interview gegeben hat hingegen Michael Neulinger, Gründer und Geschäftsführer von Med-Breaker. Bei ihm hat alles mit dem eigenen Medizin-Aufnahmetest 2013 begonnen. Damals war der Aufnahmetest MedAT ganz neu, es gab kaum Unterlagen. Deshalb hat Michael Neulinger gemeinsam mit einem Freund nach bestandener Prüfung ein Buch zum Test verfasst, es war der Startschuss seines Unternehmens.

MedAT-H: Wissen und Emotionen

Beim Aufnahmetest für Humanmedizin (MedAT-H) werden das Wissen aus Biologie, Chemie, Physik und Mathematik, Lesekompetenz und Testverständnis sowie kognitive Fertigkeiten (z.B. Gedächtnis und Merkfähigkeit) überprüft. 2017 musste man zum ersten Mal auch „Emotionen erkennen“.

Ins Kursgeschäft ist er wenig später eingestiegen: „Es gab da eine deutsche Firma, die Aufnahmekurse in Österreich machen wollte. Wir haben uns zusammengeschlossen und Kurse angeboten - in Deutschland und seit drei Jahren auch in Wien, Graz, Linz und Innsbruck. Da sind wir mittlerweile recht weit.“ Die Teilnehmerzahlen hätten sich in den drei Jahren vom niedrigen in den hohen dreistelligen Bereich entwickelt, so Neulinger. Neben Büchern und Kursen bietet sein Unternehmen auch E-Learning an.

Die Geschichte von Med-Breaker ist typisch, sagt Hasan Kelani von der ÖH der Medizin-Universität Wien: „Da das Medizin-Studium sehr begehrt ist, hat sich da in den letzten Jahren ein Markt an Vorbereitungskursen entwickelt.“ Wie Med-Breaker sind die Unternehmen nicht nur in Österreich aktiv, sie bieten auch in Frankfurt, München oder Hamburg Vorbereitungskurse für den österreichischen Aufnahmetest an. Schließlich weichen viele Deutsche dem Numerus Clausus aus und bewerben sich um einen Platz an den österreichischen Medizin-Unis.

Testteilnehmer in einer großen Halle im Rahmen eines Aufnahmetests für das Medizinstudium 2017.

APA/Herbert Pfarrhofer

Tausende Teilnehmer, riesige Halle - mit dem Interesse am Medizin-Studium ist auch das Angebot teurer Vorbereitungskurse gestiegen.

Mehr als 500 Euro zur Vorbereitung

In den letzten fünf Jahren, seitdem es den Aufnahmetest in Österreich gibt, ist das Geschäft mit der Vorbereitung zum Massenphänomen geworden, so Hasan Kelani: „Wir sehen das in unseren Beratungsgesprächen und haben auch eine Umfrage unter Erstsemestrigen gemacht. Sie hat ergeben, dass 55 Prozent einen Vorbereitungskurs für den Aufnahmetest letztes Jahr gemacht haben. Im Schnitt schätzen wir, dass ein Drittel bis die Hälfte schätzen aller Bewerberinnen und Bewerber beim Aufnahmetest einen Kurs besucht haben.“ Laut dem letzten Universitätsbericht des Wissenschaftsministeriums gibt ein Drittel der Anwärter auf das Medizinstudium mehr als 500 Euro für die Vorbereitung aus - bei 16.000 Bewerberinnen und Bewerbern ein Millionenmarkt.

Persönliche Betreuung vs. Gratis-Angebote

Michael Neulinger von Med-Breaker sieht die persönliche Betreuung als einen Vorteil seiner Kurse. Viele profitieren auch von der Gruppe, die oft auch nach einem Kurs erhalten bleibt und beim Weiterlernen hilft. Außerdem kann man den Test durchspielen: „Das hat den Vorteil, dass sich unsere Kursbesucherinnen und Kursbesucher darauf einstellen können, wie der Test sein wird, und dann mit einem besseren Gefühl auch zum Auswahlverfahren gehen.“ Eines betonen aber sowohl Neulinger als auch ÖH-Mitarbeiter Kelani: Mit einem Kurs allein schafft man den Aufnahmetest nicht, intensive Vor- und Nachbereitung sind nötig.

Einen Probetest bieten auch die Medizin-Universitäten selbst an, betont die Vizerektorin der Medizin-Uni Wien, Anita Rieder. Sie sieht die privaten Anbieter kritisch: „Wir sehen leider immer wieder, dass sich Kursanbieter an den frei zugänglichen Inhalten, Probebeispielen und Kursvorbereitungsunterlagen bedienen.“ Müssten die Universitäten mehr anbieten, damit junge Menschen das Gefühl haben, gut vorbereitet zum Aufnahmetest anzutreten? „Das sehe ich nicht so“, sagt Rieder. „Es gibt genügend kostenlose Unterlagen und Angebote - sowohl von den Universitäten selbst als auch von der ÖH.“

Bundesländer investieren in Kurse

Nicht ganz einverstanden mit dieser Einschätzung scheinen einzelne österreichische Bundesländer zu sein, die selbst in Kurse für „ihre“ Studienwerber investieren. In Niederösterreich beispielsweise gibt es die Aktion „Niederösterreich studiert Medizin“ der niederösterreichischen Landeskliniken Holding. Sie umfasst auch einen zehntägigen Vorbereitungskurs in St. Pölten, abgehalten vom größten privaten Kursanbieter „IFS Studentenkurse - Institut Dr. Rampitsch“, zum Preis von 699 Euro.

Ö1 Sendungshinweis:

Über das Thema berichtet heute auch Ö1 in zwei Beiträgen: Journal um 7 Uhr - sowie um 8 Uhr.

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Die Landeskliniken übernehmen für Studienbewerber mit Hauptwohnsitz in Niederösterreich die Hälfte dieser Kosten, insgesamt 120.000 Euro wurden 2017 dafür ausgegeben. Man möchte „auch in Zukunft gut ausgebildete Ärztinnen und Ärzte in Niederösterreich für die Patientenversorgung haben“, lautet die Begründung der Landeskliniken auf Anfrage. Auch der Landesschulrat Tirol bietet seit vielen Jahren einen Probetest und fördert Vorbereitungskurse.

Nutzen nicht erwiesen

Objektiv ist der Nutzen von teuren Zusatzangeboten schwer festzumachen: Einzelne Kursanbieter sprechen davon, dass die Hälfte ihrer Kundinnen und Kunden die Aufnahme ins Medizinstudium schafft, während es im Schnitt nur ein Zehntel ist. Eine Studie der Medizin-Uni Graz kommt hingegen zu einem anderen Schluss: Demnach schneiden Menschen mit Vorbereitungskurs nicht besser ab als jene, die mit Gratis-Unterlagen zuhause gelernt haben.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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