Wie Pflanzen ihren Keuschheitsgürtel öffnen

Pflanzen verhindern Selbstbefruchtung mit einem zweiteiligen Erkennungssystem. Weil die Teile immer zusammenpassen müssen, scheinen Veränderungen unmöglich: Forscher haben herausgefunden, warum das trotzdem funktioniert.

Zwittrige Pflanzen - wie zum Bespiel das Löwenmäulchen - können erkennen, ob Pollen von eigenen oder fremden Blüten stammen, um sich nicht selbst zu bestäuben. So stellen sie sicher, dass sie sich nur mit genetisch anderen Pflanzen paaren. Das funktioniert, indem die weibliche Seite Gifte gegen Pollenwachstum produziert.

Die Pollen wiederum haben ein Gegenmittel gegen alle Gifte, außer gegen das eigene. Produziert werden die Gegenmittel von den sogenannten F-Box-Genen. So können die Pollen auf fremden Pflanzen wachsen.

Woher kommt die Vielfalt?

Die große Frage in der Evolutionsbiologie war daher bis heute: Wie können so neue Paarungskombinationen entstehen? Denn gibt es zum Beispiel eine Veränderung auf der weiblichen Seite, produziert diese ein neues Gift, für das kein Pollen ein Gegenmittel hat - also kann sich die weibliche Seite mit niemandem paaren. Wenn sich bei den männlichen Pollen etwas ändert, haben sie Gegenmittel, die gegen kein Gift wirken - also Schlüssel, die zunächst zu keinem Schloss passen, erklärten die Forscherinnen Katarina Bodova und Melinda Pickup des Institute of Science and Technology (IST) Austria.

Es gibt aber verschiedene Wege, über die sich neue Paarungstypen bilden können. Das fanden die Wissenschaftlerinnen mit populationsgenetischen Simulationen und theoretischen Analysen heraus. Dies könne über Zwischenstufen passieren, die sich ausnahmsweise selbst befruchten dürfen, oder solche, bei denen das unterbunden wird. Die Kosten für Selbstbefruchtung müssten auf jedem Fall hoch sein, sonst gäbe es keine Veränderungen.

Ein unvollständiger Schlüsselbund bei den Pollen, also wenn ihnen F-Box-Gene mit Gegenmitteln fehlen, sei ebenfalls wichtig für die Entwicklung neuer Paarungstypen. Denn wenn sie Schlüssel für sämtliche Variationen der weiblichen Seite besitzen, können sie alle erobern und müssen keine neuen zurechtfeilen und ausprobieren.

science.ORF.at/APA

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