Antidepressiva verändern Balz von Vögeln

Singvögel auf Prozac: Medikamentenrückstände in der Umwelt können gravierende Folgen für die Tierwelt haben, wie ein kurioser Versuch an Staren beweist.

Wissenschaftler der Universität of York hatten weiblichen Staren das weit verbreitete Antidepressivum Prozac in so geringen Dosen verabreicht, wie sie auch in der Natur vorkommen können. Die Folge: Die Männchen reagierten auf die behandelten Weibchen aggressiver und sangen in deren Gegenwart auch weniger.

Die Studie im Fachblatt „Chemosphere“ sei der „erste Beleg“ dafür, dass schon geringe Mengen eines Antidepressivums das Balzverhalten von Singvögeln stören können, sagt Kathryn Arnold vom Umweltinstitut der Universität. „Das ist wichtig, weil Tiere, die bei der Partnersuche langsam sind, oft keine Brut haben.“

Singvogel: Star sitzt auf einer Stromleitung

APA/AFP/dpa/Patrick Pleul

Sturnus vulgaris: Der Gemeine Star reagiert sensibel auf Medikamentenrückstände

Angesichts des Rückgangs zahlreicher Wildtierpopulationen sei daher zu überlegen, wie chemische Stoffe und Medikamente aus der Umwelt ferngehalten werden könnten. Vor allem Flüsse seien immer stärker mit chemischen Stoffen belastet.

Weibchen wirken weniger attraktiv

Sollte der Trend anhalten, könnte die Gewässerbelastung vor 2050 um zwei Drittel zunehmen, heißt es in der Studie . Allein in Großbritannien seien 2016 knapp 65 Millionen Antidepressiva verschrieben worden.

Wie andere humanmedizinische Stoffe gelangen Rückstände davon ins Abwasser - und auf diesem Weg auch in den Körper von Vögeln. Die Forscher aus York hatten Stare als Untersuchungsobjekte ausgewählt, weil diese Vögel oft bei Kläranlagen nach Nahrung suchen.

Bei Staren werben Männchen per Gesang aktiv um ihre Partnerinnen, während Weibchen auf diese Weise den besten Partner anzulocken versuchen. „Gesang ist ein wesentlicher Teil des Balzverhaltens von Vögeln“, sagt Studienautorin Sophia Whitlock. Fazit der Forscherin: Antidepressiva verringern offenbar die Attraktivität der Weibchen.

science.ORF.at/AFP

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