Gesucht: Attraktivere Partner

Von wegen „Gleich und Gleich gesellt sich gern“: Beim Online-Dating suchen laut einer neuen Studie die meisten Menschen nach Partnern, die attraktiver sind als sie selbst. Eine Strategie, die aber nur in den wenigsten Fällen erfolgreich ist.

Die Mehrheit suche nach Menschen, die „außerhalb ihrer Liga spielen“, wie es US-Forscher im Fachblatt „Science Advances“ nennen. Die Bilanz der Studie: Männer wie Frauen kontaktieren bei der Online-Partnersuche Menschen, die im Durchschnitt um 25 Prozent begehrenswerter sind als sie selbst.

Die Soziologin Elizabeth Bruch und der Physiker Mark Newman von der Universität Michigan haben für die Studie Daten von rund 180.000 heterosexuellen Usern einer Online-Dating-Plattform in vier US-amerikanischen Großstädten ausgewertet und die Beliebtheit der einzelnen Nutzer in einer Hierarchie eingestuft. Diese basiert einerseits auf der Anzahl der Nachrichten, die ein User bekommt, und andererseits darauf, wie begehrt die Absender der Nachrichten selber sind.

Am attraktivsten ist demnach, wer die meiste und „wertvollste“ Aufmerksamkeit erhält. Spitzenreiterin war eine 30-jährige New Yorkerin, die während des Beobachtungszeitraums von einem Monat 1.504 Nachrichten erhielt – also im Schnitt alle 30 Minuten eine.

Strategien der Partnersuche

Die Studie zeigt: Je größer der Abstand zwischen Sender und Empfänger im Ranking ist, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die begehrte Person zurückschreibt. Vor allem Männer bekommen seltener eine Antwort. „Doch obwohl die Rücklaufquote niedrig ist, zeigt unsere Analyse, dass 21 Prozent der User eine Antwort von jemandem bekommen, der attraktiver ist. Beharrlichkeit zahlt sich also aus“, so Elizabeth Bruch.

Wenn Paarungswillige jemandem „außerhalb ihrer Liga“ schreiben, passen sie laut der Studie ihre Strategie entsprechend an: Je weiter oben der potenzielle Partner in der Hierarchie steht, umso längere Nachrichten schreiben sie ihm – oder besser ihr, denn 80 Prozent der ersten Kontaktaufnahmen stammen von Männern. Aber: „Längere Nachrichten zu schreiben, macht es nicht wahrscheinlicher, eine Antwort zu bekommen“, sagt Mark Newman gegenüber science.ORF.at.

Eine Dating-Website

AFP

Für Christiane Eichenberg, Psychologin an der Sigmund Freud Privatuniversität Wien und nicht an der Studie beteiligt, hängt die Neigung zu attraktiveren Partnern beim Online-Dating mit dem Medium zusammen: „Anscheinend haben die Suchenden weniger Scheu, da die Kränkung einer potenziellen Ablehnung online weniger drastisch ist, als sie es in einer Situation von Angesicht zu Angesicht wäre.“

Im schlimmsten Fall bekomme man im Internet einfach keine Antwort. "Wieso sollte man es dann nicht mit dem ‚Besten’ versuchen, gerade wenn die Kosten etwa in Form des Kränkungspotenzials so gering sind?“, so Eichenberg.

Wer kontaktiert wird

Warum bekommen manche Menschen mehr Nachrichten als andere? Die Nutzer und Nutzerinnen würden sich - anders als die Forscher – nicht am Beliebtheits-Ranking orientieren, sondern treffen ihre Entscheidung, wem sie schreiben, aufgrund von Faktoren wie einem attraktiven Profilbild, einer interessanten Selbstbeschreibung oder einer guten demografischen Übereinstimmung, vermuten die Forscher.

In der Studie haben sie die Attraktivitätshierarchie mit Alter, Bildungsgrad und Ethnie der Nutzer verglichen: So war etwa ein Ergebnis, dass bis zum Alter von 50 Jahren ältere Männer beliebter sind als jüngere. Bei Frauen nimmt die Attraktivität hingegen im Alter von 18 bis 60 Jahren kontinuierlich ab. Auch waren Männer beliebter, je höher gebildet sie waren. Bei Frauen galt das nur bis zu einem gewissen Grad – Frauen mit universitären Abschlüssen waren weniger beliebt.

Gleich und gleich gesellt sich trotzdem

Dennoch würden die Resultate ihrer Studie nicht nur gängige Klischees bestätigen, so die Autoren. „Es gibt große Unterschiede bei der Frage, wer für wen attraktiv ist", betont Bruch. Es könne durchaus Nischen geben, in denen diese statistischen Rangfolgen nicht gelten würden und in denen Menschen, die auf dieser Skala nicht weit oben stünden, dennoch ein „erfülltes Dating-Leben“ hätten, so Bruch.

Zudem sei das in der Studie errechnete Attraktivitätslevel nur in der ersten Phase der Partnerwerbung bedeutend. Andere Studien hätten gezeigt, dass im weiteren Verlauf der Beziehungsanbahnung bestimmte Charakterzüge immer wichtiger würden.

Und letztlich finden die meisten Paare doch in der „gleichen Liga“ zueinander. „Im Schnitt will jeder einen beliebteren Partner“, sagt Mark Newman zu science.ORF.at. „Aber die Leute schreiben natürlich auch an andere, und die meisten Antworten bekommen sie von denen, die ähnlich beliebt sind wie sie selbst.“

Julia Geistberger, science.ORF.at; Material: dpa

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