Wissenschaft auf die Ohren

Egal ob Medizin, Geschichte oder Raumfahrt: Audio-Podcasts werden immer beliebter. Die Wissenschaftsvermittlung bekommt damit eine neue, partizipative Form – und ändert auch die Kommunikation von Forschern und Forscherinnen.

„Wissenschaftler dürfen nicht mehr nur auf High Impact Journals setzen“, sagt Harald Rau, Professor für Kommunikationsmanagement an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften. Neben der klassischen wissenschaftlichen Publikationstätigkeit gebe es mittlerweile viele verschiedene Kanäle, die Wissenschaftler und Hochschulen nutzen könnten, um ihre Forschungsergebnissen zu kommunizieren. YouTube, Social Media und Podcasts würden dazu einladen, Wissen auf andere Art und Weise zu vermitteln, ist der Kommunikationsexperte überzeugt.

Einmal anders über Wissenschaft reden

Im Gegensatz zur Wissenschaft muss die Wissenschaftskommunikation vereinfachen. „Die Wissenschaft berücksichtigt immer auch die Rahmenbedingungen“, sagt Harald Rau, der vor Kurzem Gast beim Workshop #ganzohr2018 an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien war.

„Das ist essenziell, hindert aber die Kommunikation in eine größere Breite.“ Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler könnten über Podcasts eine andere Zielgruppe erreichen als über begutachtete Artikel in Wissenschaftsjournals. Podcasts sind trotzdem kein Massenmedium, sondern ein mediales Nischenphänomen. Deshalb sollte man sie „mit dem Rücken zum Publikum machen“, wie Rau es in Anlehnung an Immanuel Kant ausdrückt.

Modell eines Kopfes mit Kopfhörern

Damien Meyer / AFP

Da Podcasts keine formalen Vorgaben haben, wie etwa ein strenges zeitliches Korsett, kann Wissenschaft hier auch einmal aushohlen und tiefer gehen als das in den klassischen Massenmedien möglich ist. Außerdem würden Forscherinnen und Forscher dabei auch etwas lernen, meint Harald Rau.

Ö1 Sendungshinweis:

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag im Dimensionen Magazin, 11.10., 19:05 Uhr.

„Wenn Wissenschaftler in Podcast-Formaten denken, dann lernen sie anders über ihre Forschung zu sprechen, denn sie müssen auf den Punkt kommen.“ Das kann hilfreich sein, denn manchmal löst man Probleme durch das Reden über den Sachverhalt. Das stellte schon Heinrich von Kleist in seinem Artikel „Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden“ fest.

Partizipatives Medium für Bildungshungrige

Audioformate im Internet könnten eine „Einstiegsdroge“ für Bildungsinteressierte sein, sagt der Professor für Kommunikationsmanagement. An der Ostfalia Hochschule für Angewandte Wissenschaft wird gerade im Rahmen des Projekts „Hochschule ohne Hemmungen“ an Audioformaten zur Weiterbildung gearbeitet. Audio ließe sich nämlich viel besser als Video in den Alltag integrieren. Man kann in der U-Bahn, am Fahrrad, beim Joggen oder zu Hause beim Frühstück zuhören.

Das klassische Radio sei ein Medium der repräsentativen Demokratie. Podcasts hingegen würden jede und jeden einladen das Mikro in die Hand zu nehmen und die eigenen Inhalte zu verbreiten. Sie stehen für ein partizipatives Verständnis von Demokratie. Die Wissenschaft spricht nicht mehr zu den Zuhörerinnen und Zuhörern. Vielmehr treten die Zuhörerinnen und Zuhörer in einen Dialog mit der Wissenschaft.

Juliane Nagiller, Ö1 Wissenschaft

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