Fertiggerichte machen dick

Burger, Würstel und Co sind stark verarbeitete Lebensmittel: Wer sich ausschließlich von diesen ernährt, nimmt in nur 14 Tagen fast ein Kilo zu im Vergleich zu Menschen, die frische Lebensmittel essen – das zeigt eine bisher einzigartige Studie.

Dass sich die Art der Ernährung auf Gewicht und Gesundheit auswirkt, ist seit Langem bekannt. Eine Gruppe um Kevin Hall von den US-amerikanischen National Institutes of Health (NIH) hat sich nun aber eine neue Untersuchungsmethode ausgedacht. Dafür baten sie 20 Freiwillige, zur Hälfte Frauen und Männer, ins Versuchslabor und ließen sie einen Monat lang zwei Arten von Menüs essen, und zwar morgens, mittags und abends.

Das eine bestand aus fast unverarbeiteten Lebensmitteln, zum Frühstück z.B. gab es Haferflocken, Milch, rohe Mandeln und Heidelbeeren (siehe Bild unten links). In der Gruppe mit den hoch verarbeiteten Lebensmitteln kamen hingegen etwa Pancakes, frittierte Erdäpfel, Würste und Apfelsaft auf den Frühstücksteller.

Zwei der sehr unterschiedlichen Frühstücksteller

Hall et al./Cell Metabolism

Zwei der sehr unterschiedlichen Frühstücksteller

Der Clou dabei: Die Inhaltsstoffe beider Menüs – also die enthaltenen Mengen an Zucker, Fetten, Kohlenhydraten, Eiweiß, Ballaststoffen, Salzen etc. – waren genau gleich. Und die Probanden durften von beiden Menüs soviel essen, wie sie wollten. Nach ihren Eigenangaben fanden sie beide Ernährungsvarianten sehr gut und schmackhaft – persönliche Vorlieben konnten für die folgenden Resultate somit ausgeschlossen werden.

Über 500 Kalorien mehr pro Tag

Diese Resultate waren sehr eindeutig. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen mit stark verarbeiteten Nahrungsmitteln nahmen im Schnitt pro Tag 508 Kalorien mehr zu sich als die anderen. Das erklärte auch ihre Gewichtszunahme von fast einem Kilogramm nach nur zwei Wochen. Dass der Prozess umkehrbar ist und nicht individuell, zeigte sich daran, dass die Menüs nach 14 Tagen getauscht wurden. Jene, die zugenommen hatten, bekamen nun die frischen Lebensmittel und – siehe da – nach weiteren zwei Wochen waren sie wieder so schlank wie zuvor.

Zwar haben in der Vergangenheit schon größere Studien gezeigt, dass Gewichtszunahme und Art des Essens zusammenhängen, sagt Studienhauptautor Hall. „Aber unsere ist die erste, die eindeutig eine Kausalität feststellt. Hoch verarbeitete Nahrungsmittel führen dazu, dass Menschen zu viele Kalorien zu sich nehmen und Gewicht zulegen.“

Grafik zu den zwei Ernährungstypen

Hall et al./Cell Metabolism

Untersuchungen des Stoffwechsels zeigten, dass die Probanden mit den verarbeiteten Menüs mehr Energie verbrauchen als die anderen – aber nicht genug, um die Gewichtszunahme zu stoppen, die sich aufgrund der erhöhten Kalorienzufuhr ergab. Da die Studie mit vier Wochen relativ kurz war, unterschieden sich Körperwerte wie Leberfette oder Blutzucker zwischen den beiden Gruppen nicht.

Gesundheitliche Auswirkungen seien langfristig aber sehr wahrscheinlich, sagen die Forscher. „Mit der Zeit summieren sich die zusätzlichen Kalorien, und das zusätzliche Gewicht kann zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führen“, sagt Griffin Rodgers von den NIH.

Verlangen nach Fertigprodukten größer als Bedarf

Während dieser Zusammenhang klar scheint, ist den Forschern unklar, warum die Menschen in ihrer Studie so deutlich mehr zur ungesunden Nahrung gegriffen haben. Eine Erklärung: Sie aßen deutlich schneller, und das könnte den Verdauungsapparat zu spät dazu bewegen, die „Satt-Signale“ ans Gehirn zu senden. Warum aber aßen sie schneller? „Vielleicht hat stark verarbeitetes Essen irgendwelche sensorischen oder strukturellen Eigenschaften, die dazu animieren“, mutmaßt Kevin Hall.

In diese Richtung argumentiert der deutsche Stoffwechselforscher Marc Tittgemeyer, der nicht an der Studie beteiligt war. „Der Mensch misst den Kaloriengehalt eines Essens zunächst durch sensorische Wahrnehmung. Das heißt: Geschmack, Geruch und Aussehen geben uns einen ersten Eindruck über den Kaloriengehalt unserer Nahrung. Bei Fertigprodukten gibt es hier eine Diskrepanz, weil dabei mehr Kalorien im Essen sind als wir dem beimessen. Zudem lässt sich dieses Essen im Regelfall besser aufnehmen und ist sehr schmackhaft.“ Das Verlangen nach Fertigprodukten überstimme den eigentlichen Bedarf des Körpers.

Nicht unbedingt auf Alltag übertragbar

Diese und andere Erklärungen seien in größeren Folgestudien zu untersuchen, betont das Team der Forscher und Forscherinnen. Sie machen auch selbstkritisch darauf aufmerksam, dass die Ergebnisse der aktuellen Studie nur bedingt auf den Alltag übertragbar seien. Denn sämtliche Mahlzeiten wurden dabei vom Forscherteam zubereitet. Kosten oder Zubereitungszeit spielten also keine Rolle. Genau diese sind aber oft die Hauptgründe, warum Menschen zu verarbeiteten Lebensmitteln greifen.

„Essen aus weniger verarbeiteten Zutaten zuzubereiten ist teurer und dauert länger“, sagt Studienautor Hall. „Den Leuten einfach nur zu sagen ‚Esst gesünder!‘ wird kaum wirken bei jenen, die keinen Zugang zu gesunden Nahrungsmitteln haben.“

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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