Wie Sauerkraut und Co. immun machen

Fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut, Joghurt und das moderne Kimchi gelten als besonders gesund. Wie genau sie das Immunsystem ansprechen, war aber weitgehend unklar. Deutsche Forscherinnen und Forscher haben nun die zellulären „Antennen“ gefunden.

Beim Fermentieren von Lebensmitteln bilden sich Milchsäurebakterien, sie sind für den säuerlichen Geschmack von vergorenem Gemüse und Milchprodukten verantwortlich. Dass sie sich positiv auf Verdauung sowie psychische Gesundheit, Abwehrkräfte und Stoffwechsel auswirken, ist bereits vielfach nachgewiesen worden. Gefehlt hat bisher aber der molekulare Schlüssel zum gesundheitlichen Effekt von Sauerkraut, Joghurt und Co.

Rohes Sauerkraut

APA/Helmut Fohringer

Rohes Sauerkraut enthält jede Menge Milchsäurebakterien, die das Immunsystem ansprechen können.

Das Team um Claudia Stäubert von der Universität Leipzig berichtet nun in einer aktuellen Studie, dass Milchsäurebakterien bzw. ihre Produkte dem Immunsystem ein Signal schicken. Daraufhin setzen sich die Immunzellen in Bewegung: „Im Reagenzglas konnten wir sehen, dass Monozyten, eine besondere Art von Immunzellen, zu diesem Signal migrieren“, schildert Stäubert im Interview mit Ö1. Das Immunsystem könne darauf auf zwei Arten reagieren: „Entweder es beginnt damit, Bakterien zu bekämpfen. Oder das Immunsystem erkennt durch das spezielle Signal: Da kommen zwar Bakterien, aber sie sind gut, wir müssen sie nicht bekämpfen.“

Nur bei Menschen und Menschenaffen

Ö1 Sendungshinweis:

Über das Thema berichtet auch das Morgenjournal am 24.5.2019.

In beiden Fällen gibt es ein Zusammenspiel zwischen Milchsäure und Immunsystem, das habe sich ganz deutlich gezeigt, so die Forscherin. Nur Menschen und große Menschenaffen zeigen diese Reaktion, nur sie haben Rezeptoren für Milchsäurebakterien und ihre Produkte. Im Rahmen ihrer Forschungsarbeit sind Claudia Stäubert und ihr Team dem Zeitpunkt auf den Grund gegangen, wann sich diese „Antennen“ entwickelt haben. Demnach kam es beim Übergang vom Affen zum Menschen zu dem Entwicklungssprung: „Zu diesem Zeitpunkt hat sich sehr wahrscheinlich die Ernährung verändert. Der letzte gemeinsame Vorfahre von Mensch und Affe musste anfangen, fermentierte Nahrung zu sich zu nehmen, weil es nichts anderes gab.“

Damals habe der Körper die Kompetenz entwickelt, Milchsäurebakterien wahrzunehmen – die Voraussetzung dafür, das Immunsystem zu aktivieren, so Claudia Stäubert. Dass man die genauen Abläufe nun kennt, könnte auch die Behandlung von Entzündungskrankheiten unterstützen.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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