Höhlenbär: Vom Menschen ausgerottet?

Zehntausende Jahre ernährten sich Höhlenbären von Pflanzen. Dann verliert sich ihre Spur plötzlich. Doch nicht die Eiszeit dürfte dem Tier den Garaus gemacht haben - sondern der Mensch.

„Der dramatische Einbruch der Höhlenbärenpopulation geht nach einer vergleichsweise stabilen Phase zeitlich einher mit dem Auftreten des modernen Menschen“, sagt Verena Schünemann vom Institut für Evolutionäre Medizin der Universität Zürich.

Aus dem mitochondrialen Erbgut von 59 Höhlenbären und aus bereits veröffentlichten Daten rekonstruierten Schünemann und ihr Team einen umfassenden Stammbaum. Daraus lässt sich das Aussterben der Art vor etwa 20.000 Jahren weitgehend verfolgen, wie die Forscher und Forscherinnen im Fachjournal „Scientific Reports“ berichten. „Erstmals sind anhand dieser Daten Diversität und Population des Höhlenbären fassbar“, sagt Schünemann.

Konkurrenz mit Homo sapiens

Die Lebensweise des Höhlenbären habe die Ausrottung sicher beschleunigt: Die Pflanzenfresser lebten in der Nähe ihrer Geburtshöhlen, die meist in besonders günstigem und fruchtbarem Gelände lagen. So sei der Mensch, der ebenfalls Höhlen für sich beanspruchte, zunehmend zum natürlichen Konkurrenten des ortstreuen Bären geworden. Die durch die hohe Zahl erlegter Exemplare dezimierte Bärenpopulation habe sich nicht mehr erholen können. Zusätzlich verwundbar wurde das Pelztier durch die Pflanzenknappheit während der letzten Eiszeit.

Schädel eines Höhlenbären

R. Kowalczyk

Schädel eines Höhlenbären

Es sei anzunehmen, dass Jagd, Klima und Nahrungsknappheit Einfluss auf das Aussterben gehabt hatten, so Schünemann. „Aber mit unseren Daten rücken wir den Menschen mehr in den Fokus und gewichten den menschlichen Einfluss stärker.“ Insgesamt nahmen die Wissenschaftler Knochen und Höhlenbär-DNA aus 14 Höhlen in Europa in den Blick, darunter die Karsthöhle „Hohler Fels“ im GeoPark Schwäbische Alb.

Ausmaß der Jagd unterschätzt

Bislang waren die Gründe für das Aussterben des Höhlenbären unklar. Manche Forscher vermuteten, die Spezialisierung auf bestimmte Nahrung könnte dazu geführt haben. Oft sei der Bär im Winterschlaf verendet, weil der Pflanzenfresser nicht ausreichend Winterspeck ansetzen konnte für längere und strengere Kälteperioden.

Illustration: Steinzeitmensch attackiert Höhlenbär mit einem Speer

RockCreek

Allerdings habe der Höhlenbär vorher zwei Kältephasen überstanden, sein Aussterben begann zudem bereits vor dem letzteiszeitlichen Maximum vor rund 25.000 Jahren, schreiben die Wissenschaftler in ihrer Studie.

Dass Höhlenbären von Menschen gejagt wurden, ist kein Geheimnis, nur der Umfang war bislang unklar. Es wurden Skelettreste der Bären mit Pfeilspitzen gefunden, andere Knochenfunde weisen Schrammen und Schnitte auf. „Höhlenbären wurde auch der Kopf abgetrennt, sie wurden entfleischt und dienten dem Menschen als Nahrung“, sagt Ko-Autorin Susanne Münzel vom Institut für naturwissenschaftliche Archäologie an der Universität Tübingen.

Der Höhlenbär (Ursus spelaeus) gehörte zur sogenannten Megafauna - also Großtieren. Erste Exemplare stammen aus der Zeit vor rund 47.000 Jahren, sein Aussterben datieren die Experten derzeit ungefähr auf die Zeit vor 20.000 Jahren. Der Höhlenbär tritt somit ungefähr zur selben Zeit auf wie das Mammut, das Wollnashorn, der Riesenhirsch und der Höhlenlöwe, die ebenfalls alle ausgestorben sind.

science.ORF.at/dpa

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