Kalorien anschaulich machen

Um einen Schokoriegel mit 230 Kalorien zu verbrennen, muss man mehr als 20 Minuten laufen. Gut sichtbar auf der Verpackung sollen Informationen wie diese Menschen dazu bringen, weniger und gesünder zu essen. Studien zeigen: Es wirkt.

Nicht nur Chips und Schokoriegel, viele verpackte Lebensmitteln enthalten viel Fett und Zucker und daher meist auch recht viel Kalorien. Dennoch: Wer sich mit Produkten aus dem Supermarkt gesund und ausgewogen ernähren will, hat seit ein paar Jahren eigentlich keine Ausreden mehr. Sie oder er muss halt das Kleingedruckte lesen: Dort steht neben Angaben zu Hersteller, Zutaten und Verbrauchsdatum eine ganze Menge.

Vor genau drei Jahren wurde in der EU und somit auch in Österreich eine verpflichtende Nährwertdeklaration eingeführt. Nun muss genau aufgelistet werden, wie viele Kilokalorien, Fett, gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate, Zucker, Eiweiß und Salz ein Produkt enthält. Außerdem müssen Allergene extra ausgewiesen werden. Zusätzliche Angaben zu Vitaminen und Co. sind ebenfalls möglich.

Ampelsystem übernimmt Bewertung

Die detaillierte schriftliche Kennzeichnung bringt aber laut Gesundheitsexperten nicht den gewünschten Effekt. Sie plädieren für anschaulichere und verständlichere Methoden. Denn die meisten Menschen hätten keine Vorstellung davon, was Fettanteil oder Kaloriengehalt eigentlich bedeuten.

Derzeit diskutiert wird in diesem Zusammenhang vor allem die Lebensmittelampel, die z.B. in Großbritannien seit mehr als zehn Jahren – allerdings auf freiwilliger Basis – verwendet wird. Dabei werden wie bei einer Verkehrsampel die Farben Grün, Gelb und Rot verwendet, wobei besonders gesunde, fett- und zuckerarme Lebensmittel ein „grünes“ Label bekommen. Manche Systeme wie das von Wissenschaftlern für Frankreich erarbeitete Nutri-Score verwenden eine fünfteilige Farbskala.

Bei dieser Form der Kennzeichnung wird der Verbraucherin und dem Verbraucher die Bewertung eines Lebensmittels abgenommen. Durch ähnliche von der Industrie entwickelte Farbcodes kann man allerdings auch in die Irre geführt werden, der gemeinnützige deutsche Verein Foodwatch hat solche Beispiele gesammelt.

Kalorien und ihr Verbrauch

Das spricht für eine andere Form der Kennzeichnung, die vielleicht noch etwas anschaulicher ist und sich gleichzeitig nicht so leicht verfälschen lässt: Dabei wird auf der Packung angegeben, wie viel und auf welche Weise man sich im Durchschnitt bewegen muss, um die Kalorien, die in dem Lebensmittel stecken, wieder zu verbrauchen. Um einen Schokoriegel mit 229 Kalorien zu verbrauchen, müsste man beispielsweise 42 Minuten gehen oder 22 Minuten laufen. Um die „Übergewichtsepidemie“ zu bekämpfen, hat die Royal Society for Public Health in Großbritannien schon vor drei Jahren für diese Form der Kennzeichnung plädiert. Gegenüber dem Ampelsystem habe sie nämlich noch einen anderen Vorteil: Sie animiert die Menschen zu mehr Bewegung.

65 Kalorien weniger

So weit die theoretischen Annahmen. Ob die konkrete Gegenüberstellung von Kalorien und Verbrauch tatsächlich dabei hilft, weniger und gesünder zu essen, ist bis dato nur in kleineren, recht unterschiedlichen Studien untersucht. Die Forscherinnen um Amanda Daley von der Loughborough University haben für ihre im „British Medical Journal“ erschienene Arbeit nun versucht, alle Daten zum Thema zusammenzuführen.

Die Metaanalyse von insgesamt 14 Studien ergab: Wenn auf Packungen von Nahrungsmittel und Getränken oder auf Speiskarten angegeben ist, wie lange man sich für den Kaloriengehalt bewegen muss, nimmt man tatsächlich weniger zu sich, pro Mahlzeit sind es im Schnitt 65 Kilokalorien weniger. Wenn man von durchschnittlich drei Mahlzeiten und zwei Snacks ausgeht, komme man dadurch pro Tag auf ein ungefähres Minus von 200 Kilokalorien. Laut der Auswertung ist die Kennzeichnung damit auch wirksamer als andere Labels wie z.B. die Ampel.

Wenngleich die Forscherinnen einschränken, dass es sich meist um recht kleine Studien mit eher experimentellem Setting handelte, halten sie den Ansatz für sehr vielversprechend. „Wenn ein Konsument ein Symbol sieht, das zeigt, dass er vier Stunden gehen muss, um die Pizza zu verbrauchen, aber nur 15 Minuten für einen Salat, erzeugt das ein Bewusstsein für die Energie von Essen und Getränken“, schreiben sie in der Studie. Zudem sei es eine unmissverständliche, universelle Methode, die dazu anregt, etwas weniger zu sich zu nehmen und sich dafür etwas mehr zu bewegen. Und schon dieses kleine bisschen Weniger oder Mehr nütze erwiesenermaßen der Gesundheit.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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