Napoleons Spuren unter der S 8
2019 soll es im Marchfeld eine neue Schnellstraße geben. Doch bevor die ASFINAG das Bauprojekt startet, wird der Boden von einem Team von Archäologen untersucht. Zu den ersten Funden gehört ein Massengrab, das Hinweise auf eine Schlacht liefert, die vor mehr als 200 Jahren rund um Deutsch-Wagram und Parbasdorf stattgefunden hat.
Novetus
Zehntausende tote Soldaten
Im Juli 1809 treffen bei einer der größten Schlachten der Napoleonischen Kriege 300.000 Soldaten aufeinander. Zwei Tage dauert die Schlacht bei Wagram, die beiden Seiten große Verluste beschert. Die österreichischen Truppen unter Erzherzog Karl unterliegen jedoch letztlich. 78.000 Soldaten fallen bei dieser Auseinandersetzung, 34.000 auf französischer Seite, 44.000 auf österreichischer Seite.
Ö1-Sendungshinweis
Über das Thema berichten auch die Ö1-Journale, 5.5., 12:00 Uhr.
Viele der Leichen wurden offensichtlich an Ort und Stelle beerdigt, wie erste Funde der archäologischen Voruntersuchungen zeigen, sagt Alexander Stagl, der Projektleiter der archäologischen Grabungen. „In diesem Massengrab sind sowohl österreichische als auch französische Soldaten gemischt beigesetzt“, so der Archäologe. „Zu welcher Seite die Soldaten in der Schlacht gehört haben, ist erkennbar an den Uniformteilen, die wir finden konnten und genauestens dokumentieren.“
Schlachtfeldarchäologie - eine junge Disziplin
Neben Projektilen und anderen militärischen Ausrüstungsgegenständen sind die Wissenschaftler auch auf interessante Strukturen im Boden gestoßen. „Ob das Unterkünfte waren oder irgendwelche militärischen Einbauten, ist noch nicht ganz klar, es gibt bis jetzt sehr wenige Vergleichsbeispiele dazu im österreichischen Raum“, so Stagl weiter. Denn die Schlachtfeldarchäologie ist in Österreich ein relativ junges Forschungsgebiet.
Vergleichbare Untersuchungen hat es bis jetzt nur zur Schlacht bei Aspern gegeben, bei der sich ebenfalls die Truppen Napoleons und Erzherzog Karls gegenüber standen. Im Marchfeld erhoffen sich die Archäologen noch wesentlich mehr Fundstellen zu bergen. „Das ist ein sehr weitläufiges Gebiet und eine sehr große Baustelle, die wirklich große Fenster in den Boden öffnet, was für Archäologen natürlich ein Traum ist“, so Stagl.
ASFINAG
Auch frühgeschichtliche Funde wahrscheinlich
Doch Alexander Stagl und sein Projektpartner Slawomir Konik rechnen nicht nur mit 200 Jahre alten Funden aus dem Österreichisch-Französischen Krieg. Nachdem das Marchfeld immer schon ein fruchtbarer Landstrich war, haben sich hier bereits von der Jungsteinzeit an Menschen niedergelassen. Neolithische, bronzezeitliche und eisenzeitliche Funde wären also ebenso denkbar. „Da sind von Siedlungsresten bis zu Gräberfeldern viele verschiedene Hinterlassenschaften möglich“, sagt Stagl.
Durchgeführt werden diese Grabungen von einer Arbeitsgemeinschaft archäologischer Dienstleitungsunternehmen. Finanziert wird das Großprojekt von der ASFINAG, die vor dem Neubau der Marchfeld Schnellstraße drei Millionen Euro in die wissenschaftliche Untersuchung investiert.
Marlene Nowotny, Ö1-Wissenschaft