Supernova oder Sternentod?

Vergangenen Sommer ist eine ungewöhnlich helle Explosion am Nachthimmel beobachtet worden, Rund 200 Millionen Lichtjahre entfernt. Dabei könnte es sich um eine Supernova oder eine andere Art eines Sternentods gehandelt haben, wie nun zwei Astronomenteams berichten.

Beide Teams stellten ihre Deutungen am Donnerstag (Ortszeit) auf der Jahrestagung der Amerikanischen Astronomischen Gesellschaft (AAS) in Seattle vor.

Eine Kuh im Sternbild Herkules

Am 16. Juni 2018 hatten Teleskope im Sternbild Herkules plötzlich einen sehr starken Ausbruch registriert, der drei Tage lang rund zehn Mal heller leuchtete als eine typische Supernova in derselben Entfernung. Die Explosion ereignete sich in einer Galaxie, die rund 200 Millionen Lichtjahre entfernt ist. Das Ereignis bekam die nüchterne Katalognummer AT2018cow und wird wegen der letzten drei Buchstaben von den Astronomen kurz als „The Cow“ (die Kuh) bezeichnet.

Unter anderem mit dem Weltraumteleskop „Swift“ der US-Raumfahrtbehörde NASA verfolgten Forscher den weiteren Verlauf des Ausbruchs. „Wir haben nie etwas genau wie ’The Cow‘ gesehen, das ist sehr spannend“, betonte NASA-Forscherin Amy Lien von der Universität von Maryland aus einem der beiden Teams in einer Mitteilung des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der US-Raumfahrtbehörde.

AT2018cow im Sternbild Herkules

Sloan Digital Sky Survey

AT2018cow im Sternbild Herkules

Zerreißt Schwarzes Loch einen Weißen Zwerg?

Die „Swift“-Beobachtungen lassen sich diesem Team zufolge durch ein Ereignis erklären, bei dem ein supermassereiches Schwarzes Loch einen Stern zerrissen hat, der ihm zu nahe kam. Dieser Stern muss allerdings sehr kompakt gewesen sein, um die schnelle Entwicklung des Ausbruchs zu erklären. Die Forscher nehmen daher an, dass es sich um einen Weißen Zwerg gehandelt haben könnte, den komprimierten Überrest einer ausgebrannten Sonne.

„The Cow“ müsste eine große Trümmerwolke in sehr kurzer Zeit produziert haben, erläuterte Paul Kuin vom University College London aus dem Team. „Einen größeren Stern zu zerreißen und eine derartige Wolke zu produzieren würde ein größeres Schwarzes Loch erfordern, in einem langsameren Helligkeitsanstieg resultieren, und es würde länger dauernd, bis die Trümmer verzehrt sind.“

Nach Berechnungen des Teams müsste das Schwarze Loch bereits eine Masse haben, die 100.000 bis eine Million Mal so groß ist wie die unserer Sonne. Solche supermassereichen Schwarzen Löcher hausen gewöhnlich in den Zentren von Galaxien. Der beobachtete Ausbruch ereignete sich allerdings nicht im Zentrum der zugehörigen Galaxie. Es wäre sehr ungewöhnlich, ein derart massereiches Schwarzes Loch abseits des Galaxienzentrums zu finden, möglicherweise habe das Ereignis jedoch in einer kleineren Satellitengalaxie stattgefunden, die aus dieser Entfernung nicht zu sehen sei, meinen die Forscher. Sie haben ihre Deutung beim Fachblatt „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ (MNRAS) eingereicht (Preprint der Studie).

Gezoomtes Bild von AT2018cow

Sloan Digital Sky Survey

Gezoomte Aufnahme von AT2018cow

Oder war es besondere Sternexplosion?

Alternativ könnte es sich um eine besondere Sternexplosion gehandelt haben, glaubt ein Team um Raffaella Margutti von der Northwestern University in Evanston (US-Staat Illinois). „Wir haben Besonderheiten bei ’The Cow‘ gesehen, die wir niemals zuvor bei einem kurzlebigen, rasch veränderlichen Objekt beobachtet haben“, betonte Margutti. Die Forscher hatten die Daten mehrerer Instrumente über einen breiteren Wellenlängenbereich ausgewertet.

Demnach könnte ein vergleichsweise massearmer Stern explodiert sein, der nur eine relativ dünne Trümmerwolke produziert hat, so dass sich ein besonders freier Blick auf die Supernova ergeben hat. Dann hätten die Forscher damit auch erstmals die Entstehung eines Schwarzen Lochs oder eines Neutronensterns live beobachtet, wie sie in einer der kommenden Ausgaben des Fachblatts „The Astrophysical Journal“ erläutern (Preprint der Studie).

Neutronensterne sind kompakte Leichen explodierter Riesensonnen. „Wenn wir die Geburt eines kompakten Objekts in Echtzeit sehen, könnte dies der Beginn eines neuen Kapitels für unser Verständnis der Sternentwicklung sein“, meint Ko-Autor Brian Grefenstette vom California Institute of Technology (Caltech) aus dem Team.

science.ORF.at/dpa

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