Das Ozonloch schrumpft doch

Vergangenes Jahr hat das Ozonloch über der Antarktis Rekordausmaße erreicht - nun zeigen Untersuchungen, dass sich die Ozonschicht langfristig erholt - wenn auch langsam. Laut Experten ist das aber kein Widerspruch.

2015 waren manche Atmosphärenforscher irritiert, wenn nicht sogar schockiert. Im Oktober erreichte das antarktische Ozonloch mit 26 Millionen Quadratkilometern etwa die Größe von Nordamerika und damit den zweithöchsten Wert seit Messbeginn in den 1970er Jahren.

„Das Ozonloch verändert sich über das Jahr ständig. Heute weiß man, dass ein Vulkanausbruch in Chile das riesige Loch in der Ozonschicht verursacht hatte“, so Mario Blumthaler, UV-Strahlungsexperte von der Medizinischen Uni Innsbruck, gegenüber science.ORF.at. Das ist allerdings nicht der einzige Grund dafür, dass in der Ozonschicht ein Loch klafft.

Natürliche und künstliche Faktoren

Die Studie

Emergence of healing in the Antarctic ozone layer, Science, 30.6.2016.

Ö1-Sendungshinweis

Diesem Thema widmet sich auch ein Beitrag in “Wissen aktuell” am 1.7. um 13:55.

Weitere Einflussfaktoren sind etwa die starken Wetterschwankungen in der Antarktis: Extreme Kälte, Wind, Erwärmung zählen zu den natürlichen Faktoren, die das Ozonloch jedes Jahr während des arktischen Frühlings zwischen September und Oktober mit verursachen. „Allerdings haben diese nur einen kurzen Effekt. Vulkanisches Schwefeldioxid hält sich beispielsweise ein halbes oder ein Jahr. So etwas ist dann ein natürlich bedingter Ausreißer, den man versteht und beschreiben kann“, so Blumthaler.

Davon klar zu unterscheiden sind laut einer aktuellen Studie von Forschern um Susan Solomon vom MIT die künstlichen ozonschädlichen Substanzen - allen voran Treibgase wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW). Vor mehr als 30 Jahren gelangten diese über die Industrie in großen Mengen in die Stratosphäre - sie werden dort nur sehr langsam abgebaut.

Auch heute noch befinden sich die Chemikalien in zehn bis 50 Kilometern Höhe und das rund drei Jahrzehnte, nachdem sich 197 Staaten - darunter Österreich, Brasilien und die USA - im „Montreal-Protokoll“ dazu entschlossen hatten, solche ozonschädlichen Treibgase etwa aus Kühlschränken und Schaumstoffisolierungen zu verbannen. Dort wurden sie wegen ihrer guten chemischen Stabilität eingesetzt.

FCKW-Abbau erst jetzt signifikant

Ob das Abkommen bereits Wirkung zeigt, konnten die Forscher bisher nicht sagen. „Einerseits sah man zwar, dass FCKW in der Atmosphäre weniger wird. Aber aufgrund der langen Verzögerung im Abbau wurden erst jetzt Mengen erreicht, die statistisch signifikant sind“, so Blumthaler. Dadurch war es schwer, natürliche und künstliche Faktoren auseinanderzurechnen: „Die Ozonschicht ist ein sehr komplexes Konstrukt, das man nur schwer untersuchen kann.“

Seit 2000 sammelten die Forscher um Solomon Daten und erkannten, dass sich auch das Ozonloch selbst verringerte – nun ist es ihnen gelungen, das mit dem verzögerten Chemikalienabbau in Relation zu setzen und die natürlichen Faktoren - Vulkan, Wind, Kälte - wegzurechnen.

„Das Neue ist, dass sie die Messungen der letzten Jahre mit Modellrechnungen verknüpft haben. In diese Modelle kann man nun die einzelnen Faktoren, die zu den Ozonmessergebnissen führen, isoliert betrachten“, so Blumthaler. Diese Berechnungen zeigen nun: Das Ozonloch schrumpft tatsächlich. Und das ist kein Widerpsruch zum Ozonloch mit der Rekordgröße vom letzten Jahr - denn Einflüsse wie Vulkane wirken nur kurzfristig, Treibgase indes haben eine viel längere Wirkungsdauer, im positiven wie negativen.

Erholung: 50 Prozent gehen auf FCKW zurück

Damit gelang es Solomon und ihrem Team, erstmals nachzuweisen, dass der Verzicht auf FCKW-Treibgase Wirkung zeigt. Insgesamt gehen die Forscher davon aus, dass mehr als 50 Prozent der Abnahme des Ozonlochs auf die Verminderung von Ozonschadstoffen zurückzuführen sind. Bis alle Chemikalien abgebaut werden, wird es allerdings noch Jahrzehnte dauern, so Blumthaler. „Das entspricht unseren bisherigen Annahmen. Jetzt sind die positiven Effekte auf das Ozon noch klein – in fünf Jahren wird das Bild vermutlich schon ganz anders aussehen.“

Ruth Hutsteiner, science.ORF.at

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