Weltraum: Wie Urin zu Wasser wird

Wien ist für kurze Zeit der Mittelpunkt der praxisnahen Weltraumforschung. Seit Sonntag findet hier die 46. Internationale Konferenz zu lebenserhaltenden Systemen statt. Das Themenspektrum ist breit gefächert – bis hin zur Frage, wie man aus Urin Trinkwasser macht.

Wir schreiben das Jahr 2035. Zwei Männer und zwei Frauen der US-Raumfahrtagentur NASA sitzen in einem kleinen Raumschiff und fliegen zum Mars. Drei Jahre dauert ihre Reise durch den Weltraum.

Damit diese Vision Wirklichkeit wird, müssen jetzt die dafür notwendigen Lebenserhaltungssysteme entwickelt, gebaut und getestet werden, sagt Grant Anderson von der US-amerikanischen Weltraumentwicklungs-Organisation Paragon. Seine Firmengruppe hat vor einer Woche von der US-Raumfahrtagentur NASA den Zuschlag bekommen, das Wasser-Aufbereitungssystem auf der Internationalen Raumstation ISS zu verbessern.

Wie versorgt man ein Raumschiff mit Wasser?

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Über dieses Thema berichtete auch „Wissen aktuell“ am 11.7.2016.

Anderson und sein Team haben ein System entwickelt, das 98 Prozent des Wassers von Urin recycelt, also wieder zu Trinkwasser macht, „und diese Technik wird dann hoffentlich auf am Mars zum Einsatz kommen“, sagt Anderson.

Die meisten Systeme können derzeit lediglich 50 Prozent des Harns wieder verwertbar machen. Fakt ist, sagt Anderson, dass sich die zukünftigen Astronauten daran gewöhnen werden müssen recyceltes Wasser aus ihrem eigenen Harn zu trinken. Nur so könne die von der NASA für 2035 geplante Mars-Mission funktionieren, ansonsten müsste man Tonnen von Wasser mitnehmen. Das sei aber mit einem kleinen Raumschiff nicht möglich – die Traglast müsse so gering wie möglich sein, auch für einen sicheren Raketenstart.

Stress-Test im All

Es ist ganz besonders wichtig, sagt Grant Anderson, die Technologien, die man sich auf der Erde ausgedacht hat, im Vakuum des Weltraums bzw. bei ganz geringer Gravitation zu testen.

Es sei nicht nur einmal passiert, dass Geräte im All versagt hätten oder, noch schlimmer, sogar auseinandergefallen seien. Das Wichtigste an den Technologien, die im All zum Einsatz kommen, sei ihre Verlässlichkeit und Beständigkeit.

Pannen sind ein No-Go

Die lebenserhaltenden Systeme - also die Wasser- und die Sauerstoffversorgung - dürfen schließlich keinen einzigen Tag ausfallen. Anders als etwa beim Mars-Rover „Curiosity“: Das Marsfahrzeug, das seit rund vier Jahren den roten Planten erkundet, hat zum Beispiel gerade ein Computer-Problem. Der Rover muss also neu gestartet werden. Das stellt jedoch kein Problem dar, denn die Techniker haben Wochen lang Zeit ihn wieder in Schwung zu bringen, er braucht ja nichts zu trinken und zu essen.

Fazit von Grant Anderson: Was er und all die rund 400 anderen Teilnehmer der Konferenz ICES 2016 an lebenserhaltenden Systemen entwickeln, müsse immer funktionieren. „Wenn etwa ein Auto eine Panne hat, dann hat das Auto eine Panne. Wenn unsere Systeme auslassen - dann sterben Menschen“, so Anderson.

Gudrun Stindl, Ö1 Wissenschaft

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