Der Slogan macht den Präsidenten

Nirgendwo sonst sind Slogans so bedeutend wie im US-Wahlkampf. Mit „Yes We Can“ brachte Barack Obama Wählermassen zum Jubeln. „Let’s Make America Great Again“ war bei Ronald Reagan erfolgreich - und wird nun fast wortgetreu von Donald Trump verwendet.

Ein Slogan soll die wichtigsten Versprechen eines Kandidaten und dessen Vorzüge auf einen möglichst knackigen Nenner bringen. In Zeiten extrem komprimierter Kommunikation auf allen Kanälen mag das heute wichtiger sein denn je. In der jungen Republik ergab sich die Notwendigkeit zur Vereinfachung allein schon aus der Größe des Landes. Denn aufgrund der weiten Wege musste die Bevölkerung in der Mehrheit der Bundesstaaten während des Wahlkampfs auf persönliche Auftritte der Präsidentschaftsbewerber verzichten. Die Parteien behalfen sich anfangs mit Flugblättern, Songs oder Spruchbändern.

Schon 1840: „Tippicanoe and Tyler Too“

Im Laufe der Zeit legten die Wahlkampfgeneräle durchaus sprachliche Kreativität und Witz an den Tag. Der Erste, der eine Kampagne einigermaßen moderner Prägung hochzog, war William Henry Harrison, der 1841 nach genau einem Monat im Amt an den Folgen einer Lungenentzündung sterben sollte. Mit „Tippicanoe and Tyler Too“ rief sein Stab eine entscheidende Schlacht aus dem Jahr 1811 in Erinnerung, in der die US-Armee unter Harrison als Befehlshaber den Stamm der Shawnee vernichtend geschlagen hatte. John Tyler war Harrisons späterer Vizepräsident, der ihm qua Gesetz als Staatsoberhaupt nachfolgte.

Woodrow Wilson (1913 bis 1919) ließ zu Beginn des 20. Jahrhunderts „He Kept Us Out Of War“ (Er hat uns den Krieg erspart) und „Win with Wilson“ (Gewinnen mit Wilson) verbreiten. Alliterationen, Reime und Wortspiele waren beliebte Stilmittel. „Keep Cool-idge“ appellierte Calvin Coolidge (1923 bis 1929) an seine Landsleute, „Who? Who? Hoover“ hieß es bei Herbert Hoover (1929 bis 1933). Das Lager von Dwight Eisenhower (1953 bis 1961), der den Spitznamen „Ike“ trug, setzte mit „I like Ike“ ebenfalls auf radikale Reduktion.

Ronald Reagan bei einer Wahlkampfveranstaltung im Oktober 1980 in Birmingham/Alabama

AP Photo / Chick Harity

Ronald Reagan bei einer Wahlkampfveranstaltung im Oktober 1980 in Birmingham/Alabama

Nicht nur Erdnüsse

Weniger entspannt klang die Aufforderung, mit der für Harry Truman (1945 bis 1953) Stimmung gemacht wurde: „Give Em Hell, Harry!“ (Mach ihnen die Hölle heiß, Harry!). Retrospektiv bekommt dieser im Präsidentschaftswahlkampf 1948 auf die Republikaner gemünzte Slogan einen eindeutigen Beigeschmack - war es doch Präsident Truman, der in den letzten Kriegstagen 1945 den Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki anordnete.

Unter das Motto „A Time For Greatness“ (Eine Zeit für Größe) stellte John F. Kennedy (1961 bis 1963) die anbrechenden 1960er Jahre. Der Erdnussfarmer Jimmy Carter (1977 bis 1981) plakatierte fast folgerichtig „Not Just Peanuts“ (Nicht nur Erdnüsse), Freizeitsaxofonist Bill Clinton trat 1992 mit „A Cure for the Blues“ (Eine Kur für den Kummer) auf die Bühne.

Wenngleich kein offizieller Kampagnenslogan, aber nichtsdestoweniger einer der einprägsamsten und nachhaltigsten Sinnsprüche von US-Präsidentschaftswahlkämpfen bleibt auch das Motto, das in Clintons Wahlkampfzentrale 1992 die Wand zierte: „The economy, stupid“ - ein Verweis darauf, dass die Wähler noch immer in erster Linie danach entscheiden, was sie sich für die heimische Wirtschaft und die eigene Brieftasche erwarten.

Sieger des heimlichen Slogan-Wettbewerbs ist aber Noch-Präsident Obama, dessen „Yes We Can“ (Ja, wir können) wie kein zweites Versprechen dieser Provenienz ins globale Sprachlexikon einging. Urheber der drei magischen Wörter war nach aktuellem Stand der Forschung gleichwohl die von Latinos dominierte Landarbeitergewerkschaft United Farm Workers um Cesar Chavez, die bereits in den frühen 1970er Jahren das spanische „Si, se puede“ skandierte.

Anhänger von Donald Trump bei der Convention der Republikaner in Cleveland im Juli 2016

Associated Press

Anhänger von Donald Trump bei der Convention der Republikaner in Cleveland

Wer hat’s erfunden?

Als überaus erfolgreicher Sager erwies sich auch „Let’s Make America Great Again“ (Lasst uns Amerika wieder großartig machen), mit dem der alternde Reagan 1980 ins Rennen ging. Die Parole war Teil einer der überzeugendsten Kampagnen in der Geschichte, der frühere Hollywood-Schauspieler jagte Amtsinhaber Carter regelrecht aus dem Weißen Haus. 489 Wahlmänner eroberte der Republikaner Reagan, Carter kam lediglich auf 49 - weder zuvor noch danach fiel die Entscheidung jemals so klar zugunsten des Herausforderers aus.

Angesichts der Popularität, die Reagan bis heute im konservativen Lager genießt, verblüfft es nicht, dass auch Trump bei jeder Gelegenheit seine angebliche Wahlverwandtschaft mit ihm betont. „Reagan war jemand, den ich wirklich gekannt und gemocht habe. Und er hat mich gemocht“, behauptet er wiederholt. Sein Team verpasste ihm den Slogan „Make America Great Again“ und ließ diesen rechtlich schützen - eine fast wortgleiche Spielart des Reagan-Diktums.

Die bei Trump daran geknüpften politischen Inhalte fallen jedoch weitaus radikaler aus, als sich das Reagan Anfang der 1980er Jahre wohl hätte erträumen können. Früheren engen Mitarbeitern des 2004 verstorbenen Ex-Präsidenten stößt der Winkelzug des Tycoons dementsprechend sauer auf.

Trumps demokratische Gegenerin Hillary Clinton hat sich unter anderem für den Slogan „Stronger Together“ entschieden. Welche Parole am Ende die größere Wirkung entfaltet haben wird, wird man am Abend des 8. November wissen.

Nikolaus Panny, APA

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