Neues Antibiotikum in der Nase entdeckt

Ausgerechnet in der menschlichen Nase haben deutsche Forscher ein neues Antibiotikum entdeckt. Der Stoff mit dem Namen Lugdunin tötet auch Bakterienstämme, die gegen andere Antibiotika resistent sind.

Bakteriologen suchen seit vielen Jahren nach einem Weg, Methicillin-resistente Bakterien der Art Staphylococcus aureus (kurz MRSA) zu bekämpfen. „Diese Erreger sind in Krankenhäusern ein großes Problem, jedes Jahr sterben mehrere 1.000 Menschen in Deutschland durch MRSA-Infektionen“, sagt Andreas Peschel von der Universität Tübingen. Schätzungen zufolge könnten in den kommenden Jahrzehnten gar mehr Menschen an antibiotikaresistenten Bakterien sterben denn an Krebs.

Die Forscher um Peschel sahen sich die mikrobiologische Lebensgemeinschaft in der menschlichen Nase an, wo das Bakterium Staphylococcus aureus bei etwa einem Drittel der Bevölkerung natürlicherweise vorkommt. Bei gesunden Menschen ist das kein Problem, doch bei Kranken und Geschwächten wird das Bakterium zu einer tödlichen Gefahr.

Wirkstoff tötet Erreger ab

In ihren Versuchen brachten die Forscher zahlreiche Bakterienstämme mit Staphylococcus aureus in Kontakt. War die Art Staphylococcus lugdunensis - ebenfalls ein Nasenbewohner - vorhanden, schrumpfte die MRSA-Population, bis hin zum kompletten Absterben. Die Wissenschaftler entdeckten auch den dafür verantwortlichen Stoff - und nannten ihn Lugdunin. Weitere Experimente zeigten: Lugdunin hilft auch gegen andere Bakterienstämmen, die gegen Antibiotika resistent sind.

„Die Entdeckung von Lugdunin zeigt wieder einmal, wie wichtig geduldige Grundlagenforschung ist“, sagt Peschel. „Normalerweise werden Antibiotika nur von Bodenbakterien und Pilzen gebildet. Die Vorstellung, dass die menschliche Mikroflora ebenfalls eine Quelle von antimikrobiellen Stoffen sein könnte, ist eine neue Entdeckung.“

Chemisch gesehen bildet Lugdunin eine neue chemische Stoffklasse. Besonders auffällig ist eine große Ringstruktur, in der Peschel auch den Ursprung für den Wirkmechanismus vermutet.

Mögliche Nebenwirkungen

In einem „Nature“-Kommentar bescheinigen Kim Lewis und Philip Strandwitz von der Northeastern University in Boston (USA), dass der Ansatz der Tübinger Forscher neue Wege bei der Suche nach neuen Antibiotika eröffnen könnte. Schwierigkeiten für eine klinische Anwendung von Lugdunin könnte jedoch der Wirkmechanismus bereiten: Dieser setze wahrscheinlich an der Synthese größerer Zellstrukturen wie der Membran an - und könnte somit auch menschlichen Zellen gefährlich werden.

Dietmar Pieper vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, der nicht an der Studie beteiligt war, geht davon aus, dass die Erforschung des neuen Wirkstoffs gerade erst begonnen hat: „Bei der Entwicklung von Antibiotika rechnet man in Jahrzehnten.“ Nun müsse Lugdunin auf mögliche Nebenwirkungen im menschlichen Körper untersucht werden.

science.ORF.at/dpa

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