„Papier bleibt unverzichtbar“

Versprochen wurde der papierlose Alltag schon lange. Computer, Smartphone und E-Reader könnten ihn möglich machen. Doch Papier wird weiter unverzichtbar bleiben, meint - nicht zuletzt aus Eigeninteresse - der Papierentwickler Gerhard Drexler.

Den Termin für das science.ORF.at-Gespräch hat sich Drexler, Abteilungsleiter beim Papierunternehmen Mondi UFP, sowohl in seinem Handy notiert als auch klassisch in seinem Handkalender, den er stets bei sich trägt: „Wenn man beruflich viel im Ausland ist, kann man sich auf manche elektronische Geräte nicht 100-prozentig verlassen. Das habe ich leider schon einige Male leidvoll erfahren.“

Zur Person

Gerhard Drexler ist Leiter der Abteilung für Forschung und Entwicklung der Mondi Uncoated Fine Paper. Er studierte Chemie und Informatik und absolvierte zuletzt seinen PhD an der Leeds Universität in Innovationsmanagement.

Digital und Papier ist für Drexler keine Entweder-Oder-Frage - er nimmt E-Reader gleichermaßen zur Hand wie „ein richtiges Buch“. Dass der Arbeitsalltag nicht so schnell gänzlich papierlos wird, davon ist Drexler überzeugt: „Papier hat Bestand. Wenn ich beispielsweise Informationen aus dem Jahr 1990 benötige, kann ich immer auf Ordner zugreifen, bei alten Dateien geht das teilweise nicht mehr“, so Drexler.

Innovationssuche mit Algorithmen

Auf der anderen Seite wäre seine Arbeit ohne digitale Hilfsmittel heute nicht möglich. Seit acht Jahren ist er für die Erforschung und Weiterentwicklung von Papier verantwortlich. Auf der Suche nach der nächsten Papiertechnologie muss Drexler zehntausende patentierte Ideen durchforsten, um den Trend rechtzeitig zu erkennen - das wäre ohne digitale Hilfe nicht möglich. „Man muss heute aus einer unglaublichen Fülle an Informationen schnell die zwei drei Patente herausfiltern, die entscheidend sind.“

Eine einfache Googlesuche wäre hier sinnlos, weshalb aufwendige Algorithmen diese Aufgaben übernehmen. „Wir arbeiten hier mit Unis zusammen, die für uns die Suchprogramme unseren Anforderungen entsprechend weiterentwickeln. Davon werde ich in Alpbach berichten.“

Druckmaschinen geben Ton an

Wohin sich „das Papier“ entwickelt, bestimmt unter anderem auch die Drucktechnologie. Denn neue Drucker für Hochglanzbroschüren, Stadtpläne, Zigarettenpapier oder Visitenkarten benötigen auch jeweils eine andere Zusammensetzung des Holzfaser-Zellstoffes. „Wir entwickeln uns im Gleichschritt mit den Geräteherstellern und versuchen natürlich immer, einen kleinen Schritt voraus zu sein“, so der Chemiker und Informatiker.

Technologiegespräche Alpbach

Von 25. bis 27. August finden im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach die Technologiegespräche statt, organisiert vom Austrian Institute of Technology (AIT) und der Ö1-Wissenschaftsredaktion. Das Thema heuer lautet „Neue Aufklärung“. Davor erscheinen in science.ORF.at Interviews mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die bei den Technologiegesprächen vortragen oder moderieren.

Darüber hinaus werfen die Entwickler von Mondi ein Auge auf Papierverpackungen. Laut dem österreichischen Verband Austropapier stieg im Vorjahr vor allem der Bedarf an Verpackungspapier um knapp fünf Prozent. Das ist laut Drexler unter anderem auf den zunehmenden Onlinehandel zurückzuführen. „Dieser Sektor wird meines Erachtens noch wachsen, weil alles immer individueller verpackt wird - Lebensmittel, Kleidung, Geräte mit Gebrauchsanweisung etc.“

Auch wenn Papier nicht so schnell verschwinden wird, sich am Markt zu behaupten, ist für Papierunternehmen heute schwerer, weiß Drexler. „Es werden Werke geschlossen. Vor allem für kleinere Unternehmen kann es mitunter schwer sein, wenn ein großer Auftrag einmal ausbleibt. Deshalb leistet man sich eine Abteilung zur Forschung und Entwicklung.“

Ruth Hutsteiner, science.ORF.at

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