„Affinität statt Aversion“

Um die Herausforderungen der Digitalisierung zu bewältigen, müsse schon im vorschulischen Bereich angesetzt werden, waren sich die Präsidenten der Industriellenvereinigung (IV), Georg Kapsch, und des Forschungsrats, Hannes Androsch, am Mittwoch in Alpbach einig.

Für Kapsch geht es um grundsätzliche Einstellungen, „wir müssen die vorherrschende Technologieaversion in Technologieaffinität umdrehen“.

„Wir müssen die Überzeugung untermauern, dass wir die Herausforderungen der Welt nur mit Technologie lösen können, und diese Erkenntnis muss sich bei den Menschen durchsetzen“, sagte Georg Kapschbei einem Pressegespräch im Vorfeld der am Donnerstag beginnenden Alpbacher Technologiegespräche.

Weil der digitale Wandel alle Lebensbereiche erfassen werde, sei es notwendig, „schon im vorschulischen Alter digital natives zu schaffen“, sagte Androsch. Wobei es für Kapsch nicht nur um die Frage geht, ob man die Grundzüge der digitalen Welt beherrscht, sondern „wie man damit umgeht und wie man sie optimal für sein persönliches, geistiges, wirtschaftliches Fortkommen einsetzt“.

“Österreich zu kleingliedrig“

Einig waren sich Kapsch und Hannes Androsch auch in ihrer Kritik am „Mittelmaß“ Österreichs, etwa in der Innovation. Einen der Gründe dafür sieht Kapsch in der Struktur der Forschungsförderung, die kürzlich auch der Rechnungshof kritisiert hat. Für Kapsch ist diese „so zerklüftet und klein, klein zergliedert“, mit zu gering dotierten Fördertöpfen.

Alles sei „zu kleingliedrig, sowohl auf Bundesebene als auch über die verschiedenen Gebietskörperschaften hinweg, wir haben Doppelförderungen, keine Konzentration der Mittel auf ganz bestimmte Themen, wir haben die Forschungsförderung über Ministerien verteilt, anstatt einmal ein Innovationsministerium zu machen“, so Kapsch.

Technologiegespräche Alpbach

Von 25. bis 27. August finden im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach die Technologiegespräche statt, organisiert vom Austrian Institute of Technology (AIT) und der Ö1-Wissenschaftsredaktion.

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Auf welche Themen man sich konzentrieren sollte, wollte der IV-Chef nicht sagen, „aber man sollte nicht Greti und Pleti fördern, sondern überlegen, wo hat Österreich Stärken - und diese sollte man ausbauen“. Auch Androsch betonte, dass man nicht alles machen könne, „man muss die Kunst der Reduktion und Fokussierung üben, aber dort klotzen und nicht mit der Gießkanne herumkleckern“.

Androsch nannte konkrete Beispiele: So ist er etwa skeptisch, ob sich Österreich so massiv bei autonomen Fahrzeugen engagieren sollte, weil „es noch lange nicht praktikabel sein wird“. Dagegen zähle man in Innsbruck in der Quantenphysik zur Weltklasse, deshalb wäre es wert, dort ein europäisches Projekt für Quantencomputer aufzusetzen.

Plädoyer für „offene Gesellschaft“

Im Zusammenhang mit dem Generalthema des diesjährigen Europäischen Forum Alpbach „Neue Aufklärung“ sieht Androsch die von Karl Popper propagierte „Offene Gesellschaft“ „heutzutage an allen Ecken von innen und außen mehr als gefährdet“. Die Offene Gesellschaft wisse um die Notwendigkeit der Veränderung und sei bereit dazu, während die verkrustete Gesellschaft veränderungsavers sei.

Auch Kapsch meint, „ja, wir brauchen einen Aufbruch, einen geistigen Wandel, Mut und Willen zu massiven Veränderungen - die Bevölkerung trägt das auch mit, wenn man transparent ist“. Früher sei es sowohl für Arbeitnehmer als auch für Unternehmer „einfacher, angenehmer und ruhiger gewesen, die Welt ist aber dynamischer und wilder geworden, und jetzt stehen wir vor der Entscheidung, wollen wir den Wohlstand bewahren, ausbauen wird ohnedies nicht mehr möglich sein, oder wollen wir am Ende ‚happy people on a sinking boat‘ sein“.

science.ORF.at/APA

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