Der Mars soll keimfrei bleiben

Mitte Oktober wird eine europäische Raumsonde auf dem Mars landen. Wie bei ähnlichen Missionen muss man dabei verhindern, Bakterien von der Erde zu exportieren – und damit mögliche Spuren von außerirdischem Leben zu verunreinigen.

Am 14. März begann die Reise der europäisch-russischen Sonde ExoMars. Am 19. Oktober soll sie ihr Ziel erreichen. Das Projekt ist zweigeteilt: Eine Sonde soll in eine Umlaufbahn um den Mars eintreten, eine weitere auf ihm landen. Beide müssen möglichst steril sein, damit sie kein irdisches Leben – in Form von Bakterien – auf den Mars bringen, zum Beispiel dann, wenn sie nach Missionsende auf seine Oberfläche prallen.

„Wenn wir sicherstellen wollen, dass die Sonde nicht abstürzt, müssen wir dafür sorgen, dass ihre Umlaufbahn stabil ist“, betont Gerhard Kminek, der Planetary-Protection-Officer von Europas Weltraumagentur ESA . „Außerdem müssen wir zeigen, dass die Sonde – falls sie doch abstürzt – die Oberfläche nicht mit irdischen Sporen kontaminiert.“

MarsExpress in der Umlaufbahn belassen

Wie hoch das Risiko für Absturz oder Verseuchung jeweils ist, berechnen die ESA-Wissenschaftler für jede Mission aufs Neue. Modelle des Eintritts in die Atmosphäre des Mars können zeigen, wie der Satellit sich aufheizt und später auseinanderbricht. Daraus lässt sich ableiten, wie viele Bakterien diesen Prozess überleben könnten.

Künstlerische Darstellung des Marx-Express-Landers

ESA/ATG medialab

Künstlerische Darstellung der ExoMars-Sonde auf dem Roten Planeten

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag im Journal am 30.8., 12 Uhr.

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Während ExoMars kurz vor seiner Ankunft am Roten Planeten steht, umkreist ihn die europäische Sonde MarsExpress bereits seit fast 13 Jahren. Ihre Lebenszeit läuft 2018 aus. Die ESA muss entscheiden, wie sie ihren Orbiter dann entsorgen will. „Wir werden MarsExpress auf genau der Umlaufbahn belassen, die er jetzt bereits einnimmt“, sagt Gerhard Kminek. Dieser Orbit sei für mindestens 50 weitere Jahre stabil.

„Und wenn eine Umlaufbahn für 50 Jahre stabil ist, ist sie es meistens auch noch wesentlich länger.“ Außerdem sterben mit der Zeit immer mehr blinde Passagiere in Form von Mikroben ab, so dass eine mögliche biologische Kontamination bei einem späteren Absturz zunehmend unwahrscheinlicher wird.

Auf der Suche nach Marsmikroben

Zwei Jahre nach dem Ende von MarsExpress wollen Europa und Russland noch einen zweiten Teil ihrer ExoMars-Mission starten. Dann soll erstmals ein europäischer Rover über den Roten Planeten rollen – auf der Suche nach Leben. „Beim 2020er Rover müssen wir besondere Vorkehrungen treffen, um auszuschließen, dass wir am Mars irdisches Leben entdecken“, betont der Planetenschutzbeauftragte der ESA.

Und das heißt: Die Teile des Rovers, die mit Bodenproben in Kontakt kommen – beispielsweise der Bohrer – müssen noch steriler sein als der Rest des Raumfahrzeugs. Diese empfindlichen Instrumente werden während des Fluges außerdem in einem geschlossenen Kompartment aufbewahrt, das unter Überdruck steht, so dass von außen nichts eindringen kann.

Künstlerische Darstellung des ExoMars-Rovers von 2020

ESA

Künstlerische Darstellung des ExoMars-Rovers von 2020

Auch die Amerikaner müssen sich mit den Altlasten der Erde rumschlagen. Gleich drei Sonden der US-Raumfahrtbehörde NASA umkreisen derzeit den Mars, hinzu kommen die beiden Rover Opportunity und Curiosity auf der Marsoberfläche.

„Wir könnten jede einzelne Sonde auf einer Umlaufbahn parken, die für Tausende von Jahren stabil ist“, glaubt John Rummel, Planetary Protection Officer beim SETI-Institut in Champlain im US-Bundesstaat New York. Das Problem dabei aber sei, dass sie damit Positionen für künftige Marssonden verstopfen. Außerdem würden sie das Risiko von Weltraummüll um den Mars herum erhöhen.

Friedhofsorbit und Desinfektion

Derzeit hat die NASA (noch) nicht vor, Mars Odyssey, MRO oder MAVEN am Ende ihrer Mission auf den Mars stürzen zu lassen. Stattdessen sollen sie ihn auf einem sogenannten Friedhofsorbit für lange, möglichst für immer umkreisen.

Auch der im nächsten Jahr startende Lander InSight soll keine Gefahr für mögliche Marsmikroben darstellen. InSight wird an keiner lebensfreundlichen Stelle landen. „Daher reicht es aus, die Sonde vor dem Start mit Alkohol zu desinfizieren und die restlichen Bakterien durch Hitze abzutöten“, glaubt James Benardini, Planetenschutzingenieur beim Jet Propulsion Laboratory (JPL) im kalifornischen Pasadena.

Der Bohrer könne ebenfalls nicht in Kontakt mit möglichem Leben in den tieferen Schichten des Planeten kommen, weil er nicht mehr als fünf Meter in den Marsboden eindringen werde.

Zu Besuch beim Jupitermond Europa

Der Mars ist nicht der einzige Himmelskörper im Sonnensystem, der mit Besuch der Erde rechnen muss. Im nächsten Jahrzehnt werden sich der amerikanische Europa Clipper und die europäische Sonde JUICE aufmachen zu Europa, einem der Eismonde Jupiters. Nach Ablauf ihrer Mission wird sich JUICE – sicherheitshalber – ganz von Europa entfernen und stattdessen auf Jupiters Ganymed stürzen, der als weniger lebensfreundlich gilt als Europa. Denn unter der kilometerdicken Eisschicht Europas vermuten Geologen einen flüssigen Wasserozean – und in ihm möglicherweise Leben.

Jupitermond Europa, aufgenommen mit der Galileo-Raumsonde der NASA

NASA/JPL-Caltech/SETI Institute

Jupitermond Europa, aufgenommen mit der Galileo-Raumsonde der NASA

Weil immer die Gefahr des Absturzes von Raumsonden besteht, müssen solche, die sich Europa nähern, besonders steril sein. Das gilt auch für die Mission der NASA: „Da wir mehrmals an Europa vorbeifliegen werden, besteht die Möglichkeit, dass etwas schiefgeht und wir versehentlich auf dem Mond aufschlagen“, ergänzt Melissa Jones, die Chefin der Abteilung Planetary Protection beim JPL. “Das Risiko eines Absturzes müssen wir auf eins zu 10.000 begrenzen. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir an Europa nur vorbeifliegen oder auf ihm landen.“

Im Gegensatz zu den Europäern will die NASA ihren „Europa Clipper“ um einen Lander erweitern, der auf dem Eis aufsetzen soll. Dann wären irdische Mikroben von möglichem Leben im Ozean Europas nur durch eine Eisdecke getrennt. „Wir müssen sicherstellen, dass - im Fall eines Absturzes oder einer Landung - die Bakterien auf dem Lander sich nicht ihren Weg durch das kilometerdicke Eis bahnen können, hinein in den Ozean“, so Jones. Während die NASA ihren Europa-Lander also supersteril halten will, gilt auch hier für das Mutterschiff, sich nach Missionsende möglichst weit von Europa zu entfernen. Sicher ist sicher.

Guido Meyer, science.ORF.at

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