Singvögel waren Insel-Hopper

Evolution und Erdgeschichte hängen eng zusammen: Das zeigt eine neue Studie zu Singvögeln. Diese entstanden nämlich vor Jahrmillionen in Australien und breiteten sich dann über Inseln, die sich im Laufe der Zeit erst bildeten, auf der ganzen Welt aus.

Die Singvögel stellen die artenreichste Gruppe innerhalb der Vögel dar. Vertreter von etwa 5.000 Arten existieren heute auf der Welt. Aufgrund von Fossilienfunden und genetischen Untersuchungen nehmen viele Experten an, dass die Singvögel in Australien entstanden. Wann das genau war und wie sich die Vögel von dort um die Welt herum ausbreiteten, ist unter Fachleuten jedoch umstritten.

Robert Moyle von der Universität von Kansas in Lawrence (US-Staat Kansas) und seine Mitarbeiter analysierten nun das Erbgut von 104 Singvogelarten. Sie repräsentieren zusammen etwa 70 Prozent aller Singvogelfamilien, so die Forscher. Die Experten rekonstruierten mit Hilfe der genetischen Daten die Verwandtschaftsbeziehungen und ermittelten, wie alt die jeweiligen Spezies sind.

Überwindung der Ozeane

Demnach entstanden die Singvögel in Australien, und zwar vor etwa 33 Millionen Jahren während des Eozäns. Zu diesem Zeitpunkt lagen tausende Kilometer zwischen Australien und dem nächsten Kontinent. Neue Arten entstanden folglich zunächst in Australien, ab einem Zeitpunkt vor etwa 28 Millionen Jahren. Dieser Prozess beschleunigte sich vor etwa 23 Millionen Jahren.

Loboparadisea sericea gehört zu den Singvögeln, die sich schon früh aus Australien auf den Weg gemacht haben - vor 23 Mio. Jahren

University of Kansas | KU News Service

Loboparadisea sericea gehört zu den Singvögeln, die sich schon früh aus Australien auf den Weg gemacht haben - vor 23 Mio. Jahren

Die „Artenexplosion“ fiel zeitlich mit dem Auftauchen neuer Inseln in der Wallacea-Region zusammen, berichteten die Wissenschaftler nach biogeografischen Analysen. Die Wallacea ist ein Übergangsgebiet zwischen Australien und Asien, in dem Tierarten beider Kontinente zu finden sind. Ihre Untersuchung versöhne Erkenntnisse zur Evolution der Singvögel mit der Geschichte der Erde, schrieben die Forscher.

Stellt vieles in Frage

„Unseren Schätzungen zufolge sind die Singvögel nur halb so alt wie bisher angenommen. Sie entwickelten sich demnach in einer ganz anderen geologischen Landschaft als zuvor gedacht“, erläuterte Mitautor Carl Oliveros von der Universität von Kansas. „Das stellt auch vorherige Hypothesen zur Ausbreitung der Singvögel nach Afrika über Landmassen im Indischen Ozean infrage, denn die Landmassen lagen zu dem Zeitpunkt, den wir für die Diversifizierung annehmen, unter Wasser.“

Auch die Insel Neuguinea habe anders als bisher angenommen vermutlich keine Rolle für die frühe Aufspaltung der Singvogelarten gespielt. Die große Artenvielfalt dort sei vielmehr darauf zurückzuführen, dass die Insel als Rückzugsgebiet für Spezies gedient hat, die in Australien entstanden waren, aber dort aufgrund von veränderten Umweltbedingungen nicht mehr leben konnten.

Heute sind Singvögel - abgesehen von der Antarktis - rund um den Globus zu finden. Zu ihnen gehören bekannte und verbreitete Arten wir Krähen und Spatzen, Sangeskünstler wie Leierschwänze oder die Nachtigall sowie die Familie der Rabenvögel.

science.ORF.at/APA/dpa

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