Affen, die Hamlet transkribieren

Tippen ohne Hände und Tastatur, nur mit der Kraft der Gedanken, mittlerweile sogar drahtlos - entsprechende Schnittstellen funktionieren immer besser: Rhesusaffen können so in einer Minute schon bis zu zwölf Wörter aus Hamlet transkribieren, wie Forscher nun berichten.

Weltweit arbeiten Forscher an sogenannten Brain-Computer-Interfaces, also an Schnittstellen zwischen Gehirn und Maschine. Dafür misst man die Gehirnaktivität entweder mittels Elektroenzephalogramm oder direkt über implantierte Elektroden.

Die Studie

„A Nonhuman Primate Brain–Computer Typing Interface“, Proceedings of the IEEE, 12.9.2016

Gelähmte können damit Körperteile oder Prothesen bewegen oder eine Tastatur nur mit ihren Gedanken bedienen. Die experimentellen Erfolge häufen sich zwar, aber die meisten Systeme sind noch recht träge, d.h., die Umsetzung der Gehirnaktivität in Aktionen erfolgt sehr langsam. Zudem ist die Übersetzung des Signals meist noch sehr fehleranfällig, was die Nutzung für Menschen erschwert.

12 Wörter pro Minute

Nach Experimenten mit Rhesusaffen melden Forscher um Krishna Shenoy von der Stanford University nun entsprechende Fortschritte. Zum Auslesen der Signale waren den Tieren zuvor Mikroelektroden in ihr Gehirn gepflanzt worden - in Regionen, die normalerweise Hände und Arme steuern, etwa um eine Maus zu bewegen.

Video: Ein Rhesusaffe tippt Hamlet

Die Affen bekamen einen Schreibauftrag: Sie sollten Passagen aus der New York Times und aus Shakespeares Hamlet transkribieren. Dafür mussten sie die richtigen Buchstaben auf einem Bildschirm mit Hilfe eines Cursors auswählen. Diesen steuerten sie nur mit der Kraft ihrer Gedanken. Das heißt natürlich nicht, dass sie verstehen, was sie transkribieren. Was sie können ist: Den Cursor mit ihren Gedanken bewegen.

Gegenüber früheren Versionen des Systems hat sich die Leistung laut den Forschern deutlich gesteigert, sowohl was die Genauigkeit als auch die Schnelligkeit betrifft. Bis zu zwölf korrekte Wörter in der Minute konnten die Tiere dank eines verbesserten Algorithmus transkribieren - das sei dreimal so schnell wie in früheren Test, erklären die Forscher. Gute Nachrichten für Menschen: „Mit dieser Geschwindigkeit ist eine sinnvolle Konversation möglich“, wie Erstautor Paul Nuyujukian in einer Aussendung ausführt.

Haltbare Elektroden

Menschen, die das System benutzen, könnten dennoch etwas langsamer sein, wie die Forscher einschränken. Sie müssten ja noch nachdenken, was sie schreiben wollen und wie man das schreibt und nicht einfach stur Buchstaben abtippen wie die Affen im Experiment. Außerdem könnten sie im Alltag von anderen Eindrücken abgelenkt sein. Man könnte das Tempo zusätzlich auch mit bereits existierenden Technologien beschleunigen, z.B. mit einer Autovervollständigung, so Nuyujukian.

Auch in Hinblick auf die eingepflanzten Elektroden gebe es Erfreuliches zu berichten: Zumindest bei den Laboraffen funktionieren sie schon mehrere Jahre, ohne Leistungsverlust und ohne gesundheitliche Nebenwirkungen.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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