Wolkenbildung ist hausgemacht

Klimaskeptiker glauben, dass sich Wolken natürlich bilden, abhängig von kosmischer Strahlung. Eine neue Studie widerspricht: Industrielle Schadstoffe in der Luft tragen ihr zufolge den Löwenanteil zur heutigen Wolkenbildung bei.

Eine wichtige Rolle dabei spielt Schwefelsäure, die – neben dem Treibhausgas CO2 – beim Verbrennen fossiler Brennstoffe seit 150 Jahren in großen Mengen in die Atmosphäre gelangt. „Sie bildet mit Ammoniak und organischen Verbindungen Kondensationskeime“, erklärt Armin Hansel vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Universität Innsbruck gegenüber science.ORF.at. Rund um diese Kondensationskeime lagert sich Wasserdampf an, in ausreichender Menge entstehen daraus Wolken. Auch kosmische Strahlung kann zur Bildung von Kondensationskeimen in der Atmosphäre und somit auch zu Wolken führen.

Schwefelsäure, Ammoniak und „Waldatem“

Wie das genau vor sich geht, untersucht seit 2009 ein internationales Forschungsteam mit Hilfe des Experiments CLOUD (Cosmics Leaving Outdoor Droplets) am Europäischen Labor für Teilchenphysik CERN in Genf (Schweiz). Neben Hansel sind auch Forscher der Universität Wien um Paul Wagner von der Fakultät für Physik an der Arbeit beteiligt.

In der eben erschienenen Studie präsentieren die CERN-Forscher erstmals ein weltweites Modell, das die Anteile der Stoffe errechnet, die zur Wolkenbildung beitragen. „Zumeist ist es ein Mix aus Schwefelsäure, Ammoniak und organischen Verbindungen“, sagt Hansel. Diese organischen Verbindungen sind sozusagen die Ausatmungsprodukte von Wäldern, wie eine frühere Studie gezeigt hat – sie hat es zu allen Zeiten gegeben. Schwefelsäure und Ammoniak haben zwar auch natürliche Quellen, ihre heutige Menge in der Atmosphäre ist aber in erster Linie mit der Industrialisierung zu erklären.

Kosmische Strahlen spielen geringe Rolle

„Über zwei Drittel der Kondensationskeime für Wolken gehen auf diese drei Stoffe zurück“, erklärt Hansel, „nur ein Drittel auf kosmische Strahlung“. Das Computermodell der Forscher widerspricht somit dem von Skeptikern vertretenen Argument, wonach nicht die Industrialisierung, sondern natürliche Veränderungen der einfallenden kosmischen Strahlung - während eines Sonnenfleckenzyklus schwankt derjenige Teil der Strahlung, der bis zur Erdoberfläche vordringt - für die Klimaerwärmung verantwortlich seien.

„Besonders erstaunlich ist, dass die Änderung der Sonnenaktivität – von einem solaren Maximum zu einem solaren Minimum – nahezu nichts ausmacht. Das wirkt sich im Modell nur minimal aus.“ Weltweit würde sich die kosmische Strahlung nicht signifikant auf das heutige Klima auswirken, so der Physiker.

Wie das Zusammenspiel von Wolken und Klima genau funktioniert, ist bis heute nicht restlos geklärt. Tendenziell gilt: Mehr Wolken kühlen die Atmosphäre, weil sie Sonnenlicht reflektieren. Da es aber schwierig ist, Wolkenmengen historisch zu rekonstruieren, ist es auch schwierig, ihre Bedeutung für die Klimaerwärmung einzuschätzen. Der Verdacht liegt aber nahe, dass die seit der Industrialisierung schmutzigere Luft zu mehr Wolken geführt hat – und dies die Erwärmung der Erde gedämpft hat.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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