Nur gut gelaunte Ratten sind kitzlig

Menschen und Ratten sind sich recht ähnlich - wenn es ums Kitzeln geht. Nur in entspannten Situationen reagieren die Tiere laut einer Studie mit Freudensprüngen und lachähnlichen Rufen. Und auch bei Ratten sind manche Körperteile kitzliger als andere, zum Beispiel der Bauch.

Neben dem Verhalten der vier bis fünf Versuchstiere analysierten die Forscher Michael Brecht und Shimpei Ishiyama von der Berliner Humboldt-Universität (HU) auch die Vorgänge im Gehirn, während sie die Ratten kitzelten. Besonders stark reagierten Nervenzellen in jenem Gehirnareal, das unter anderem Berührungen verarbeitet. „Wir glauben, dass wir die Stelle im Gehirn gefunden haben, die kitzlig ist“, sagt Brecht gegenüber der dpa. Eine elektrische Reizung der Nervenzellen in dieser Hirnregion reichte aus, um - wie das händische Kitzeln - Lachen bei den Ratten auszulösen.

Angst bremst Spaß

Wenn die Tiere Angst haben, reagieren die Zellen laut Brecht nicht gut. Dieses Gefühl hatten die Forscher erzeugt, indem sie die Ratten statt in einer Box auf einem erhöhten Podest und unter starker Beleuchtung kitzelten. Dass Ratten so eine Situation nicht mögen und erstarren, sei bekannt gewesen. Schon Charles Darwin hatte nach Angaben der Forscher vermutet, dass das Lachen beim Kitzeln von der Stimmung abhängt.

Video 1: Kichernde Ratten

Frühere Studien hatten gezeigt, dass Ratten mit Rufen in einer für Menschen unhörbaren Frequenz reagieren, wenn sie gekitzelt werden. Um dieses Lachen wahrnehmen zu können, ist ein spezielles Mikrofon nötig. Für Brecht erstaunlich war die Freude der Tiere bei den Versuchen: Sie hätten den Kitzel regelrecht gesucht, sagt der Wissenschaftler. Die Ratten vollführten Sprünge, die von anderen Säugetieren als Zeichen für positive Gefühle bekannt seien. Und sie jagten der kitzelnden Hand wie einem Spielgefährten hinterher.

Animiert zum Spielen

Auffällig aus Sicht der Forscher: Die Zellen im Gehirn, die auf Kitzeln reagierten, waren auch bei spielerischen Momenten ohne Kontakt zur Hand besonders aktiv. „Wir glauben, dass es Gemeinsamkeiten im Gehirn gibt zwischen den Mechanismen von Kitzeln und Spielen“, so Brecht. Für ihn ein Hinweis auf eine mögliche Funktion von Kitzligkeit: „Ich denke, dass Kitzeln ein Trick des Gehirns ist, um Tiere oder Menschen miteinander interagieren beziehungsweise spielen zu lassen.“

Video 2: Ratten machen Freudensprünge

Dabei bleiben die grundlegenden Mechanismen hinter dem Phänomen aus Sicht der Forscher weiter unbekannt. An zahlreichen Fragen hat sich die Wissenschaft bereits abgearbeitet. Studien widmeten sich etwa der Frage, warum sich der Mensch nicht selbst kitzeln kann. Bisherige Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein Mechanismus im Gehirn den Menschen beim Selbst-Kitzeln vor dem bevorstehenden Reiz warnt - und damit den Spaß nimmt. Untersucht ist auch, dass zum Beispiel junge Schimpansen und Gorillas vergleichbare Kicheranfälle beim Kitzeln bekommen wie Kleinkinder. Das Kitzeln gehört demnach auch bei Affen zum natürlichen Verhalten beim Spielen.

science.ORF.at/APA/dpa

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