Dünne Beweislage: Homöopathie bei Tieren

Wirkt Homöopathie sogar bei Tieren? Ja, behaupten zumindest ihre Anhänger. So klar ist die Sachlage allerdings nicht, wie eine Überblicksstudie zeigt: Legt man streng wissenschaftliche Kriterien an, bleiben kaum Belege übrig.

Nicht zuletzt wegen der steigenden Zahlen an antibiotikaresistenten Keime versucht man mittlerweile, den Einsatz hochwirksamer Medikamente auch in der Viehzucht zurückzuschrauben. Alternativ setzt so mancher Bauer heute auf homöopathische Heilmittel. Im Biolandbau wird er in Europa sogar explizit empfohlen: Homöopathische und andere Produkte sollen gegenüber klassischen veterinärmedizinischen Behandlungen bevorzugt werden, heißt es in den entsprechenden Vorschriften der Europäischen Kommission.

Tatsächlich zählt die homöopathische Behandlung in vielen Betrieben heute zum Standard, die Faktenlage zur Wirksamkeit ist indes nach wie vor dünn, wie die aktuelle Überblicksarbeit von Caroline Döhring und Albert Sundrum von der Universität Kassel zeigt. Sie haben die Forschungsliteratur von 1981 bis 2014 systematisch nach Studien zum Thema durchsucht. In die engere Wahl kamen ausschließlich Arbeiten aus Peer-Review-Journalen und deutsche Doktorarbeiten. Letzteres sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass (aus ungeklärten Umständen) Homöopathie in deutschsprachigen Ländern häufiger als in allen anderen Ländern verwendet wird.

Eine Handvoll Arbeiten

Übrig geblieben sind 48 Publikationen. Die verwendeten homöopathischen Mittel sollten den Einsatz von Antibiotika reduzieren und das Wachstum der Tiere beschleunigen. Bei den meisten Arbeiten (30) wurde dabei die vorbeugende Wirkung untersucht, nur 18 widmeten sich den therapeutischen Nutzen. In 34 Arbeiten ging es um Rinder, in zwölf wurden Schweine behandelt, für die restlichen sechs Geflügel.

Mehr als die Hälfte der Publikationen (26) berichteten von einem positiven Effekt im Vergleich mit einer Kontrollgruppe. Bei 22 zeigte sich keine Wirkung. Bei genauerer Durchsicht orteten Döhring und Sundrum aber einige Schwächen im Detail. Nur elf der Untersuchungen waren als doppeltblinde randomisierte kontrollierte Studie - der medizinische Goldstandard - durchgeführt worden. Sechs davon fanden keine Wirkung. Bei den nicht verblindeten randomisierten sowie bei den reinen Beobachtungsstudien berichteten die Autoren häufiger von einer Wirkung. Die positiven Effekte könnten also auch die Folge einer Verzerrung sein.

Keine einzige Wiederholungsstudie

Für eine Schieflage bei den Ergebnisse fanden die Autoren noch eine Reihe anderer Indizien: die meisten positiven Arbeiten sind in Homöopathie-Journalen erschienen; zur Diagnose wurden nur selten direkte Tests gemacht (z.B. Labortests), sondern meist äußere klinische Anzeichen herangezogen; auch genaue Angaben zu den verwendeten Arzneien und ihrer Potenz (gibt den Verdünnungsgrad an, Anm.) fehlten mitunter; manche Studien wurden finanziell von Herstellern unterstützt, etc. Insgesamt waren laut der Meta-Auswertung 39 Arbeiten in irgendeiner Form „gebiased“ - und gerade diese berichteten am häufigsten von positiven Wirkungen.

Laut Döhring und Sundrum seien alle Studien unter sehr spezifischen Bedingungen abgewickelt worden, unter den „eine mögliche medizinische Wirkung von Homöopathie nicht ausgeschlossen werden kann.“ Aber - und das ist einer ihrer Hauptkritikpunkte: Keine einzige Studie sei in vergleichbarer Weise wiederholt worden.

Die Wiederholbarkeit zähle bekanntermaßen zu den zentralen wissenschaftlichen Kriterien. Mehr als Einzelfallstudien habe die derzeitige Faktenlage also nicht zu bieten. Die Autoren wollen eine tatsächliche Wirksamkeit nicht ausschließen, aber die müsste erst nach den gängigen Standards untersucht werden, bevor der Einsatz der Mittel bei kranken Tieren empfohlen wird.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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