Das Seepferdchen, ein seltsames Tier

Seepferdchen haben im Laufe der Zeit einige kuriose Eigenschaften und Verhaltensweisen entwickelt, darunter Schwangerschaften bei Männchen oder fehlende Zähne. Welchen genetischen Veränderungen sie dies verdanken, haben Biologen nun herausgefunden.

„Wir haben versucht, im Genom der Tiere Hinweise oder Erklärungen dafür zu finden, warum das Seepferdchen aussieht wie ein Seepferdchen und sich auch so benimmt“, sagt Axel Meyer von der Uni Konstanz. Dabei entdeckten die Wissenschaftler - gemeinsam mit Kollegen aus China und Singapur - zum Beispiel, warum das Seepferdchen keine Zähne hat: Mehrere Gene, die bei anderen Fischen und auch beim Menschen zu deren Entwicklung beitragen, gibt es beim Seepferdchen nicht mehr.

Verlorene Gene

Allerdings bräuchten die Tiere auch gar keine Zähne, so Meyer. Sie zerbeißen die Nahrung nicht, sondern saugen sie mit Unterdruck ein, den sie in ihrer langen Schnauze erzeugen können. Auch Gene, die zum Geruchssinn beitragen, seien verloren gegangen: Das Seepferdchen besitze einen guten Sehsinn mit zwei unabhängig voneinander sich bewegenden Augen - der Geruchssinn spiele daher eine nur untergeordnete Rolle.

Video: Ein junges Seepferdchen schwimmt im Aquarium

Und der Verlust eines Gens ist noch für eine weitere Besonderheit bei den Seepferdchen verantwortlich - für den Wegfall der Bauchflossen. Diese hätten evolutionär den gleichen Ursprung wie die menschlichen Hinterbeine, sagt Meyer. "Jedes „vernünftige" Tier hat Vorder- und Hintergliedmaßen - aber beim Seepferdchen fehlt das entsprechende Gen. Da gibt es eine direkte Verbindung zwischen dem Genom und der äußeren Form des Tieres.“

Die Forscher wiesen diesen Zusammenhang nach, indem sie das betreffende Gen bei einem anderen Fisch, der normalerweise Bauchflossen hat, ausschalteten. „Und Bingo, diese genmanipulierten Fische verloren auch ihre Bauchflossen, wie das Seepferdchen.“

Spielwiese der Evolution

Aber nicht nur fehlende Gene sind für die evolutionären Veränderungen beim Seepferdchen verantwortlich, wie Meyer sagt. Auch Duplikation spiele eine Rolle. „Wenn ein Gen sich verdoppelt, kann das eine Gen die ursprüngliche Funktion ausführen und das andere ist frei, Mutationen zu tolerieren und auch neue Funktionen entstehen zu lassen“, so Meyer.

Video: Ein schwangeres Männchen versucht sich festzuhalten

„Durch Duplikation wird eine Spielwiese für die Evolution geschaffen.“ So sei vermutlich auch die Schwangerschaft der Männchen ermöglicht worden. Die männlichen Seepferdchen sammeln Eier und Samen in einer Brusttasche, aus der dann der Nachwuchs schlüpft.

Dem Seepferdchen gehe es aus evolutionärer Sicht vor allem darum, möglichst unscheinbar zu sein, sagt Meyer. „Die Tiere schwimmen fast nie herum, um Nahrung zu suchen, sondern halten sich mit ihrem Schwanz an Seegras oder Korallen fest. Dann warten sie einfach ab, bis irgendwas vorbeischwimmt - und die Nahrung zu ihnen kommt.“ Durch den Verlust etwa der Bauchflosse werden die kleinen Tiere außerdem weniger durch den Wellengang beeinflusst.

science.ORF.at/APA/dpa

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