Privatunis wehren sich gegen Kritik

Es mangle ihnen an Qualität und die Finanzierung sei intransparent - so lautete zuletzt die Kritik an den zwölf österreichischen Privatuniversitäten. Als Beleg wurde eine angeblich geplante Medizin-Universität in Mürzzuschlag angeführt. Die Privatunis wehren sich.

„Ein Medizin-Uni-Campus für Mürzzuschlag“ - so lautete eine der Schlagzeilen in Lokalmedien, mit der das vermeintlich Sensationelle angekündigt wurde. Die ukrainische Bukovinian State Medical University plane mit Unterstützung eines internationalen Geschäftsmannes eine Zweigniederlassung mitten in der Steiermark, jährlich 60 Studierende sollen an der Privatuniversität ihr Medizinstudium absolvieren können.

Als Räume soll unter anderem das am Nachmittag leer stehende obere Stockwerk des Gymnasiums angemietet werden, hieß es - ein skurril anmutendes Beispiel, das mehrfach von der Interessenvertretung der öffentlichen Universitäten (Uniko) zitiert wurde, um auf Qualitätsmängel bei den Privatuniversitäten hinzuweisen.

Keine Rede von 13. Privatuni

Fragt man aber genauer nach, zeigt sich: Von einer 13. Privatuniversität in Mürzzuschlag kann keine Rede sein. Denn wie die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung (AQ Austria) gegenüber Ö1 bestätigt, liegt kein Antrag auf Akkreditierung einer Privatuniversität vor. Mit der Betreibergesellschaft in Mürzzuschlag, der MGEI Academy, sei aber zur Einrichtung grenzüberschreitender Studien ein „erstes klärendes Gespräch“ geplant, heißt es seitens der AQ Austria. Karl Wöber, Vorsitzender der ÖPUK, der Österreichischen Privatuniversitätenkonferenz: „Eine ukrainische Universität möchte hier offensichtlich in der Steiermark tätig sein und das Angebot nach den Kriterien der ukrainischen Regierung und deren Qualitätsvorstellungen gestalten. Das hat mit Privatuniversität überhaupt nichts zu tun.“

Ö1 Sendungshinweis

Über das Thema berichtet auch das Mittagsjournal am 21.1.2017.

Dass sich das Angebot grenzüberschreitender Studien in Österreich in den letzten Jahren stark vermehrt hat, ist den Privatuniversitäten schon länger ein Dorn im Auge: „Wir sehen immer wieder, dass Universitäten, die in ihrem eigenen Heimatland teils sehr strenge Qualitätsrichtlinien haben, diese Anforderungen im Ausland über Bord werfen.“ Außerdem dürfen grenzüberschreitende Studien auch mit österreichischen Partnern angeboten werden, die keine Akkreditierung durchlaufen haben - im Fall von Mürzzuschlag etwa die MGEI Academy.

ÖPUK-Vorsitzender Karl Wöber: „Ich plädiere dafür, dass man hier unterscheidet zwischen den Privatuniversitäten, die aus meiner Sicht hochqualitativ arbeiten, und grenzüberschreitenden Studien, wo ich viele Probleme sehe.“

Wissenschaftsrat zu Privatunis

Auch der Vorsitzende der österreichischen Wissenschaftsrats, Antonio Loprieno, spricht von einem problematischen Wildwuchs an akademischen Angeboten aus dem Ausland. In puncto Qualität des österreichischen Hochschulsystems möchte er die Privatuniversitäten aber nicht außen vor lassen: „Die Entwicklung hin zu den Privatuniversitäten stellt grundsätzlich eine Bereicherung für unser Hochschulsystem dar. Allerdings ist es eine Bereicherung, die auch im Sinne der Qualitätssicherung etwas aufgefangen werden muss.“

Viele Privatuniversitäten würden deutlich mehr lehren als forschen, weshalb der Titel „Universität“ in die Irre führe. Der Wissenschaftsrat plädiert deshalb dafür, statt von Universitäten von Privathochschulen zu sprechen. Dafür würde auch die Beobachtung sprechen, dass Privatuniversitäten immer wieder gegründet werden, um Regionen abseits der Ballungsräume zu beleben (zuletzt etwa die Karl-Landsteiner-Universität für Gesundheitswissenschaften in Krems an der Donau). „Gerade im Sinn dieser Nähe zu ihrem Umfeld sind Privatuniversitäten wichtig. Aber man muss doch sehen, dass gerade bei der Forschung die kritische Masse berücksichtigt werden muss.“ Für Qualität brauche es ausreichend Lehrende und Studierende sowie eine entsprechende Infrastruktur, so Loprieno.

Und gerade weil Bundesländer und Gemeinden bei Privatuniversitäten oft mitzahlen, fordert er mehr Transparenz bei den Geldflüssen: „Das ist dem Wissenschaftsrat sehr wichtig, weil es um die Finanzierung des gesamten Hochschulsystems geht. Und da wäre es zu begrüßen, wenn die öffentlichen Gelder in koordinierter Form den Bildungseinrichtungen zugutekämen.“

Keine Transparenz in Mürzzuschlag

Diese Offenlegung und dadurch mögliche Koordination von Förderungen des Bundes, der Länder und Gemeinden vermisst der Wissenschaftsrat derzeit - nicht nur, aber auch bei den Privatuniversitäten. Karl Wöber, Vorsitzender der Privatuniversitäten, betont, dass man in Sachen Transparenz gesprächsbereit sei, eine genaue Position werde Ende Jänner bei einer ÖPUK-Sitzung erarbeitet. Wenig von Transparenz hält die vermeintliche Medizin-Uni in Mürzzuschlag: Die lokale Betreibergesellschaft war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Elke Ziegler, science.ORF.at

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