Mars und Venus auf der Couch

Obwohl Männer viel öfter Suizid begehen als Frauen, suchen sie seltener nach Hilfe. Das könnte am Angebot der Psychotherapie liegen, wie eine neue Studie nahelegt. Denn während Frauen „über ihre Gefühle sprechen wollen“, suchen Männer eine schnelle Lösung.

Diese „Männertherapien“ sind aber wenig verbreitet in der Psychotherapie, wie Forscher bei einer Jahrestagung der britischen Psychologenverbandes in Liverpool beklagen.

Unterschätzte Unterschiede

Für eine Studie wurden 20 Psychotherapeuten befragt, ob sie bei ihrer Arbeit Unterschiede zwischen den Geschlechtern feststellen. Tenor der Antworten: Männer wollen schnelle Abhilfe, Frauen Gespräche über ihre Gefühle führen. „Interessant war aber auch, dass sich 80 Prozent der Befragten sträubten, über diese Unterschiede zu sprechen“, sagt der klinische Psychologe John Barry vom University College in London.

„Das könnte an der akademischen Kultur liegen, lieber über Ähnlichkeiten der Geschlechter zu reden als über Unterschiede.“ Würde die Psychologie diese stärker berücksichtigen, könnte das die Behandlung von Männern verbessern.

Unterschiede fand auch eine zweite in Liverpool vorgestellte Studie, bei der rund 350 Personen nach ihren Vorlieben bei Psychotherapien befragt wurden. Männer etwa bevorzugten mehr als Frauen informelle Gruppen, in denen sie ihre Sorgen teilen und Ratschläge anderer bekommen können. Frauen wiederum finden psychodynamische Settings besser, in denen über Gefühle und vergangene Ereignisse gesprochen werden.

„Es ist sehr wahrscheinlich, dass Männer genauso wie Frauen davon profitieren, wenn sie über ihre Gefühle sprechen. Wenn ihnen diese Gespräche aber als Ziel der Therapie erscheinen, dann schreckt das einige Männer ab“, sagt John Barry.

Lukas Wieselberg science.ORF.at

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