Was bringen Fett- und Zuckersteuern?

Australien erwägt die Einführung von Steuern auf Fett, Zucker und Salz. Das soll Menschen dazu bringen, gesünder zu leben, und so dem Staat viel Geld ersparen. Auch andere Länder haben diesen Ansatz bereits ausprobiert - nicht immer mit Erfolg. Eine Bilanz.

Die einen sehen sie als Hilfestellung für den Konsumenten, die anderen kritisieren sie als unnütze Bevormundung der Bevölkerung. Egal ob es sich um eine Fett-, Zucker- oder Salzsteuer handelt, sie wird meist kontrovers diskutiert.

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Diesem Thema widmete sich auch ein Beitrag im Ö1-Morgenjournal (17.2.2017, 8.00 Uhr).

Im Gegensatz zu einigen Ländern, die sich entschlossen haben, eine Steuer auf nur ein bestimmtes, „ungesundes“ Lebensmittel einzuheben, verfolgt eine aktuelle Studie aus Australien, erschienen im Fachblatt „PLOS Medicine“, einen ganzheitlichen Ansatz. Die Fachleute – allen voran die Wissenschaftlerin Linda Cobiac - schlagen vor, die Preise für Zucker, Salz und Fett anzuheben, während Obst und Gemüse weniger kosten als bisher.

Die Menschen würden dadurch vermehrt zu gesünderen Lebensmitteln greifen – so die Ergebnisse der Studie - und dem australischen Gesundheitssystem auf lange Sicht umgerechnet 2,5 Milliarden Euro sparen. Weil, so die Schlussfolgerung, theoretisch weniger Menschen infolge von Übergewicht an Herz-Kreislauf-Problemen oder Diabetes erkranken und somit weniger auf medizinische Versorgung zurückgreifen müssen.

Skepsis gegenüber Studie

Die Ernährungswissenschaftlerin Maria Luger vom Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien sieht diese Ergebnisse skeptisch: „Von der wissenschaftlichen Seite her gibt es meiner Meinung nach noch zu wenig Evidenz. Diese Studien – auch die aktuelle Studie - basieren auf Berechnungen, auf Simulationen und Modellen“, sagt sie.

Ob solche Steuern tatsächlich eine Veränderung im Verhalten bewirken können, wisse man aus der heutigen Sicht noch nicht, so Luger. Denn Langzeitstudien würden im Moment noch fehlen. Generell stehe sie solchen Zusatzsteuern kritisch gegenüber: „Hier gibt die Politik vor, dass die Steuer eingeführt wird, der Verbraucher zahlt dafür und die Industrie wird nicht mit einbezogen“, sagt sie. Dabei wäre gerade die Zusammenarbeit mit den Produzenten aus Lugers Sicht der Kern eines erfolgreichen Zugangs.

Österreichs Modell: Zuckerchecklisten

Ganz ohne Steuern und Strafzahlungen und in Austausch mit der Industrie soll es in Österreich funktionieren. Luger ist auch am Vorsorgeinstitut SIPCAN tätig. Dieses erhebt jährlich den Zuckergehalt von 500 alkoholfreien Getränken im Handel und veröffentlicht „Checklisten“. Um dort als vorbildlich gelistet zu sein, seien Getränkehersteller bereit, den Zuckergehalt in ihren Produkten zu reduzieren, ist die Ernährungswissenschaftlerin überzeugt. Dass der durchschnittliche Zuckergehalt der von SIPCAN gelisteten Getränke in den vergangenen fünf Jahren von 7,36 Gramm auf 6,80 Gramm pro 100 Milliliter gesunken ist, führt das Institut auf dieses Engagement zurück.

In Bezug auf süße Getränke sei das Modell erfolgreich, sagt Luger. Es brauche jedoch ähnliche Möglichkeiten auch in anderen Bereichen. Denn: „Wichtig ist ein Gesamtpaket an Maßnahmen“, so die Wissenschaftlerin. Als positives Beispiel nennt sie die Abgasnorm in der Automobilindustrie. Hier wurde der CO2-Grenzwert von politischer Seite immer weiter gesenkt und so auch die Emissionswerte reduziert. Ein ähnliches Vorgehen fordert sie auch im Bereich der gesunden Ernährung.

Essenziell sei in jedem Fall ein ganzheitlicher Ansatz: „Es wäre der ideale Weg, wenn Zucker, Fett und Salz gleichzeitig reduziert würden“, sagt Luger. Diesen Aspekt hebt sie auch an der australischen Simulation als positiv hervor: „In anderen Ländern wurde oft nur eine Steuer – also eine Fett- oder Zuckersteuer eingeführt. Diese miteinander zu kombinieren ist definitiv eine neue Herangehensweise.“

Mexikos Maßnahmen erfolgreich

In Mexiko beschränkt man sich fürs Erste auf zuckerhaltige Getränke. Diese unterliegen seit Anfang 2014 einer zehnprozentigen Zusatzsteuer. Eine Auswertung des „British Medical Journal“ zeigt hingegen trotz aller Kritik: Das bringt offenbar tatsächlich etwas.

Seit der Einführung der Steuer kauften die Menschen in Mexiko im Schnitt sechs Prozent weniger süße Softdrinks als 2013. Gleichzeitig stiegen die Käufe nicht besteuerter Getränke um vier Prozent an. Besonders positiv: Es werde vor allem mehr stilles Wasser gekauft – so die Studie.

Ein Trend in die richtige Richtung, denn Mexiko hat weltweit eine der höchsten Diabetes- und Fettleibigkeitsraten. Die Ernährungswissenschaftlerin Luger bleibt auch hier skeptisch. Man müsse bedenken, dass sich die Berechnungen auf hypothetische Annahmen zur Absatzentwicklung beziehen, erklärt sie.

Dänemark schafft Fettsteuer wieder ab

Aufgrund fehlender Erfolgsnachweise wurde die Fettsteuer auf Produkte mit einem hohen Anteil an gesättigten Fetten in Dänemark nach zwei Jahren 2013 wieder abgeschafft. Die Verwaltungskosten seien zu hoch und Arbeitsplätze in Gefahr, weil viele Dänen im benachbarten Deutschland einkaufen, erklärte der damalige Steuerminister. Erst später stellten Studien fest, dass die Menschen in Dänemark unter der Fettsteuer tatsächlich vier Prozent weniger gesättigtes Fett gekauft hatten. Gleichzeitig ist allerdings auch der Konsum von Salz angestiegen.

Trotz Negativbeispielen und fehlender Langzeitstudien halten einige Länder an der Idee der Steuer im Namen der Gesundheit fest. Frankreich erhebt beispielweise seit 2012 eine Zusatzsteuer auf Getränke mit zugesetztem Zucker. In der US-amerikanischen Stadt Berkeley in Kalifornien gibt es seit zwei Jahren eine solche Abgabe auf Getränke wie Cola, Eistee und Energydrinks von etwa 30 Cent pro Liter. Beschlossen wurde das von der Bevölkerung selbst: In einem Volksentscheid stimmten 70 Prozent der Befragten für eine solche Zuckersteuer.

Auch Großbritannien möchte sich diesen Beispielen anschließen. Das Land plant ab 2018 ebenfalls eine Zuckersteuer auf Softdrinks. Die Einnahmen daraus sollen in Sportprogramme für Volksschulen fließen.

Sophie Liebhart, Ö1-Wissenschaft

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