Photosynthese zum Zuhören

Als Helmut Kratochvil vor Jahrzehnten erstmals ein Mikro in einen Teich hielt, „hörte es sich an wie im Stadion, so ein Krawall war da“. Der Lärm stammte von Wasserpflanzen, die Sauerstoffbläschen abgeben. Diese lassen sich auch messtechnisch auswerten.

Er habe lange gebraucht, bis er erkannte, dass es sich bei vielen der Unterwassergeräusche um die Abgabe von Sauerstoff durch die Pflanzen handelt, sagte Kratochvil vom Department für Integrative Zoologie der Universität Wien. Bei der Photosynthese treten Sauerstoffbläschen aus den Spaltöffnungen der Blätter aus. „Im Moment des Austritts entsteht ein extrem kurzer Schallimpuls“, so der Bioakustiker.

Am häufigsten erfolge der Austritt in regelmäßigen Abständen bzw. Serien, es gebe aber auch unregelmäßige Abfolgen oder regelmäßige Veränderungen der Frequenz. Jedenfalls verfolgte er die Idee, das Phänomen für messtechnische Zwecke auszunutzen.

Neue Messmethode

Mit Schallanalyse-Programmen konnten die Forscher die Geräusche auswerten und die Zeitabstände zwischen den Schallimpulsen auf weniger als eine Millisekunde genau messen. So lassen sich Änderungen in der Geschwindigkeit der Sauerstoffabgabe der Wasserpflanzen ermitteln, etwa wenn sich die Temperatur ändert oder die Lichtverhältnisse.

Frequenzanalyse (Sonagramm) der Lautimpulse bei der Photosynthese einer Wasserpflanze (Elodea canadensis).

Helmut Kratochvil

Frequenzanalyse (Sonagramm) der Lautimpulse bei der Photosynthese einer Wasserpflanze (Elodea canadensis).

„Wir haben damit eine innovative neue Messmethode entwickelt, aus der sich hoffentlich neue Forschungs- und Anwendungsmöglichkeiten ergeben“, sagt Kratochvil. So könnten damit Tests auf Umwelteinflüsse, etwa Umweltgifte oder Klimaänderungen, entwickelt werden. Auch Rückschlüsse auf Stoffwechselvorgänge bei Pflanzen könnten damit möglich sein.

Bei seinen Experimenten hat Kratochvil weitere „erstaunliche Geräusche“ registriert, die von den Wasserpflanzen kommen, aber nicht im Zusammenhang mit der Sauerstoffabgabe stehen. Er vermutet, dass es sich dabei um Kavitationsprozesse in den Pflanzengefäßen handelt, also die spontane Bildung und Auflösung von Dampfblasen in einer strömenden Flüssigkeit. „Das klingt schauderhaft“, so der Forscher.

science.ORF.at/APA

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