„Gut, aber nicht genug“

Es reicht nicht, Rohstoffe wie Metalle, Holz oder Nahrungsmittel möglichst effizient zu nutzen und sie wieder zu verwerten. „Wir müssen weniger produzieren und konsumieren, um den Ressourcenverbrauch zu senken“, so eine Forscherin.

„Kreislaufwirtschaft“ klingt wie die Wunderwaffe, die viele Probleme auf einmal lösen soll. Vereinfacht gesagt, sollen Ressourcen, die in einem Handy beispielsweise verbaut sind, am Ende dessen Lebenszyklus für die Herstellung ähnlicher Produkte wieder verwertet werden. Laut der Europäischen Kommission könnten dadurch nicht nur Ressourcen geschont, sondern - im Falle von Mobilfunkgeräten - rund eine Milliarde Euro an Material- und Verarbeitungskosten gespart werden.

Zudem soll diese Art der Abfallwirtschaft neue Arbeitsplätze schaffen. Hier rechnet die EU-Kommission mit rund 580.000 neuen Jobs bis zum Jahr 2030, beispielsweise durch Unternehmen, die sich auf die Reparatur von Gegenständen oder das Recyceln von Materialien spezialisieren.

„Die Kreislaufwirtschaft ist ein wichtiges, politisches Werkzeug und man muss sich hier auch ambitionierte Ziele setzen“, meint die Sozialökologin Nina Eisenmenger von der Universität Klagenfurt. Ein solch ambitioniertes Ziel hat sich die EU Ende 2015 verordnet und einen Aktionsplan entworfen, mit dem der Anteil an immer wieder verwerteten Materialien in den nächsten 13 Jahren stark ansteigen soll. Siedlungsabfälle sollen zu 65 Prozent recycelt werden, Verpackungsmaterialien zu 75 Prozent. Insgesamt sollen dann nur noch zehn Prozent des Siedlungsabfalls - dazu gehören Haushaltsmüll, Bau- und Gewerbeabfälle, Abfall von öffentlichen Flächen usw. - endgültig auf Mülldeponien landen.

Nicht realistisch

Allerdings sind wir noch weit davon entfernt, einen so hohen Anteil an Materialien im ewigen Produktions- und Verwertungs-Kreislauf zu halten, meint die Sozialökologin Eisenmenger. „Schon 50 Prozent sind herausfordernd, zum einen weil wir technisch dazu noch nicht in der Lage sind. Andererseits brauchen wir noch sehr viel Energie, um Dinge wieder in den Kreislauf zu bringen.“ Der Prozentsatz sei noch deutlich geringer, "wenn wir alle Materialien berücksichtigen, die wir verbrauchen; also auch jene, die wir energetisch nutzen und jene, die wir in unseren Beständen akkumulieren.“

Veranstaltungshinweis

Nina Eisenmenger hielt am Mittwoch, den 5.4. im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Mut zur Nachhaltigkeit“ in Wien einen Vortrag zum Thema „Globaler Handel - Globaler Konsum“. Veranstalter der Vortragsreihe ist das Umweltbundesamt.

Zahlen aus dem Jahr 2015 zeigen, dass hierzulande pro Kopf 22 Tonnen Material pro Jahr verbraucht werden. Knapp die Hälfte aller Ressourcen sind dabei „Durchlaufposten“, die verbraucht und zu Emissionen wie CO2 werden. Dazu zählt alles, was wir essen, trinken sowie der Verbrauch von fossilen Energieträgern. „Noch haben wir keinen wirklich machbaren Weg gefunden, CO2 zu binden und somit in den Kreislauf zurückzuführen“, erklärt Eisenmenger.

Die andere Hälfte der in einem Industrieland wie Österreich verbrauchten Ressourcen setzt sich in erster Linie aus Baumaterialien wie Sand und Schotter zusammen sowie teilweise aus Metallen (etwa vier von 22 Tonnen). Davon sind etwa 50 Prozent jahrelang in Straßen und Häusern gebunden. Am Ende wird daraus aber nur selten wieder ein gleichwertiges Baumaterial, erklärt Eisenmenger. Aus einem Ziegel wird kein Ziegel bzw. aus einer Betonwand keine Betonwand, sondern größtenteils Schüttmaterial - es kommt also zu einem „Down-Cycling“, was für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft nicht reicht.

Kreislaufwirtschaft und Mehrkonsum

„Damit es funktioniert, muss ein Produkt so gefertigt sein, dass es leicht in seine Einzelteile zerlegt werden kann. Nur so kann die hohe Qualität der Materialien erhalten und weiter verarbeitet werden.“ Zudem sind entsprechende Sammel- und Aufbereitungsstellen notwendig, sagt die Sozialökologin.

Um das Problem der knapper werdenden Ressourcen zu lösen, genügen die Modelle einer Kreislaufwirtschaft und ressourcenschonender Herstellungsverfahren jedoch nicht. Das wird am Beispiel Japans deutlich, die bereits seit der Jahrtausendwende Maßnahmen verfolgen, um den Abfall zu reduzieren und Produkte effizient herzustellen, erklärt Eisenmenger.

Gleichzeitig stieg der Konsum pro Kopf gerechnet in den letzten Jahren - nicht nur in Japan. Die Materialien, die durch die effizientere Produktionsweise eingespart werden, werden durch einen höheren Verbrauch quasi kompensiert. „Viel davon wird vom Ausland importiert, wodurch es zu einer Auslagerung und somit zu keiner realen Reduktion des Materialverbrauchs kommt. Das heißt, diese Maßnahmen sind wichtig. Letztlich kommen wir aber nicht darum herum, dass wir insgesamt weniger produzieren und konsumieren“, fordert Eisenmenger.

Hier sind sowohl Konsumenten als auch Produzenten gefragt: Letztere beispielsweise, da Produkte nicht nur ressourcenschonend hergestellt werden, sondern auch möglichst lange ihren Zweck erfüllen sollen. Konsumenten hingegen könnten einen Gegenstand reparieren, bevor sie ein defektes Gerät ersetzen bzw. von „unnötigen“ Anschaffungen absehen - das betrifft Firmen ebenso wie den Bund und staatliche Organisationen, meint Eisenmenger.

Ruth Hutsteiner, science.ORF.at

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