Wirksam: „Anwälte“ gegen Impfskepsis

Obwohl sie vor Krankheiten schützen, sind speziell in Europa viele Menschen skeptisch gegenüber Impfungen. In den USA wurde nun ein Gegenmittel erfolgreich ausprobiert: Eltern, die sich aktiv gegen Impfmüdigkeit engagieren.

Im Vorjahr hatte ein Vergleich von 67 Ländern untersucht, wie weit die Skepsis gegenüber Impfungen verbreitet ist. Am meisten lehnen sie demzufolge die Menschen in Frankreich und Bosnien ab, am wenigsten jene in Saudi-Arabien. Österreich lag in der Rangliste im Mittelfeld, nur wenig entfernt von den - etwas impffreudigeren - USA.

Direktes und virtuelles Einmischen

Ebenda hat sich im US-Bundesstaat Washington vor knapp zehn Jahren die halb öffentliche und halb private Einrichtung „Vax Northwest“ gebildet, die sich gegen Impfmüdigkeit wendet. Ein Eckpfeiler ist das Programm „Immunity Community“: Dabei werden Eltern angehalten, sich als „Impfanwälte“ zu engagieren. Und zwar sowohl im direkten Austausch mit anderen Eltern in Kinderkrippen und Schulen als auch in den Sozialen Netzwerken.

Speziell auf Facebook und Co. gebe es oft Schneeballeffekte, durch die Eltern verunsichert würden. „Dieses Projekt sollte ein Gegengewicht gegen gängige Anti-Impf-Botschaften sein, die nicht widerspiegeln, dass die große Mehrheit der Eltern ihre Kinder impfen lässt“, erklärt Studienautorin Clarissa Hsu vom US-Gesundheitsfürsorger Kaiser Permanente in einer Aussendung.

Der Hintergrund: „Impfen oder nicht impfen“ ist nicht nur eine individuelle Entscheidung, man kann sie auch als soziale Handlung verstehen. Denn je mehr Menschen geimpft sind, umso geringer ist das Ansteckungsrisiko für Nichtgeimpfte - man nennt das Herdenimmunität. Sie hilft vor allem Menschen, die nicht geimpft werden können, weil sie zu jung sind oder weil ihr Immunsystem zu schwach ist.

Weniger „Impfzögerliche“

Um diese Idee zu transportieren, versuchten die „Impfanwälte“ zwischen 2011 und 2014 andere von den Vorteilen des Impfens zu überzeugen. Zu Beginn und zu Ende des Untersuchungszeitraums überprüften die Forscherinnen die Einstellungen der im Rahmen des Programms angesprochenen Eltern.

Riesige Änderungen gab es nicht, aber der Anteil der „Impfzögerlichen“ sank von 23 auf 14 Prozent. Waren zu Beginn 81 Prozent besorgt, dass andere ihre Kinder nicht impfen lassen, so waren es am Ende 89 Prozent. Laut den Forscherinnen war das der erste Versuch, Impfskepsis durch das Prinzip „Eltern beraten Eltern“ zu bekämpfen.

Überbewerten wollen sie ihre Studie aber nicht, sie verweisen auf einige Einschränkungen: So war die Gesamtzahl der Personen, die über ihre Einstellungen Auskunft gaben, mit knapp 700 relativ klein. Auch ihre vorwiegend städtische Herkunft mache die Studienergebnisse nicht verallgemeinerbar. Dennoch glauben die Forscherinnen, dass „Impfanwälte“ und Elternnetzwerke gute Antworten auf eine grassierende Anti-Impf-Stimmung sein können.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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