WHO sieht Handlungsbedarf bei Hepatitis

Weltweit leiden rund 328 Mio. Menschen an chronischer Hepatitis B oder C. 2015 gab es 1,34 Mio. Todesopfer. „Wir brauchen mehr Prävention und billigere Medikamente“, so Gottfried Hirnschall, der aus Österreich stammende Chef des WHO-Aids- und Hepatitis-Programms.

Der von der Weltgesundheitsorganisation am Freitag veröffentlichte Report umfasst erstmals auch eine Darstellung des globalen Ausmaßes der Verbreitung der beiden Virus-bedingten Leberentzündungen, welche im Falle der zumeist sexuell übertragenen Hepatitis B oft, im Falle der vor allem über Blut übertragenen Hepatitis C jedoch zumeist chronisch verlaufen.

Die Folge können langfristig Leberzirrhose, Leberversagen und Leberzellkarzinome sein. Die Hepatitis B lässt sich per Impfung vermeiden. Für die Behandlung der schweren chronischen Hepatitis B stehen Medikamente zur Verfügung, welche die Infektion langfristig unterdrücken können. Mit den neuen Therapien gegen die Hepatitis C lässt sich eine Ausheilung in rund 95 Prozent der Fälle erreichen.

Mehr Todesfälle

Trotzdem ist die chronische Virus-Hepatitis weltweit ein riesiges Problem. „2015 verursachte die Virus-Hepatitis 1,34 Millionen Todesopfer. Diese Zahl ist vergleichbar mit der Zahl der Todesopfer durch Tuberkulose und höher als jene durch HIV. Die Zahl der Hepatitis-Todesfälle steigt an, während jene durch TBC und HIV fällt. Die meisten Todesfälle durch Virus-Hepatitis wurden 2015 durch chronische Leberschäden verursacht (720.000 Tote durch Leberzirrhose) und durch primäre Leberzellkarzinome (470.000 Tote). Weltweit lebten 2015 etwa 257 Millionen Menschen mit chronischer Hepatitis B und 71 Millionen Menschen an chronischer Hepatitis C“, heißt es in dem WHO-Bericht.

Der Infektions- und Tropenmedizinspezialist Gottfried Hirnschall ist seit Jahren Chef des WHO-Aids- und Hepatitis-Programms. Er verwies gegenüber der APA auf Fortschritte, aber auch auf weiterhin erhebliche Mängel bei der Zurückdrängung des Problems der Virus-Hepatitis weltweit: „Zwar erhalten bereits 84 Prozent der Kleinkinder die drei notwendigen Teilimpfungen gegen die Hepatitis B, doch bei der Erstimpfung innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt, um eine Übertragung von der Mutter auf das Baby zu verhindern, sind wir erst bei 24 Prozent angelangt.“ Zehn Prozent der Patienten mit chronischer Hepatitis B müssten auch eine medikamentöse Langzeittherapie erhalten.

Zu wenige Diagnosen

Da sowohl die Hepatitis B als auch die Hepatitis C über Blutkontakte übertragen werden (Hepatitis B zumeist sexuell), müssten Infektionen im Gesundheitswesen verhindert werden. Zusätzlich sind dringend mehr Aktivitäten für Drogenabhängige notwendig, die Suchtgift injizieren. „Da müssen die Nadel- und Spritzentauschprogramme in allen Ländern ausgebaut werden. Man geht davon aus, dass jeder Drogenabhängige 300 Nadeln pro Jahr benötigt, wir liegen aber weltweit nur bei der Bereitstellung von 27 pro Person und Jahr“, sagte Hirnschall.

Wesentlich verstärkt werden sollten auch Screening-Programme zu Diagnose von Hepatitis B und C. „Nur neun Prozent der Menschen mit chronischer Hepatitis B und 20 Prozent der Menschen mit Hepatitis C kennen ihre Diagnose“, sagte Hirnschall. Das ist aber die Voraussetzung für die Therapie. 2015 befanden sich nur acht Prozent der Betroffenen mit Hepatitis B (1,7 Millionen Patienten) und nur 7,4 Prozent der Patienten mit chronischer Hepatitis C (1,1 Millionen Personen) in Behandlung.

Wirksame Medikamente

Bei der Hepatitis C existieren seit wenigen Jahren hoch wirksame oral einzunehmende Medikamente, welche binnen drei Monaten eine Heilungsrate von 95 Prozent und noch mehr gewährleisten. Doch die Therapie ist laut Hirnschall extrem teuer. „Ich habe gerade von einem österreichischen Hepatologen gehört, dass sie in Österreich noch immer rund 30.000 Euro kostet. Wir müssen aber die Zahl der Behandelten ausweiten. Die Ausheilung der Hepatitis C verhindert auch weitere Infektionen. Dazu müssen wir die Medikamentenpreise herunterbringen“, sagt Hirnschall.

Für Staaten mit mittlerem oder gar niedrigem Bruttoinlandsprodukt sei das nicht finanzierbar. In Ägypten habe man es mit Generika (Nachahmepräparate) bereits geschafft, die Therapiekosten auf unter 200 US-Dollar zu drücken. In Österreich machen die Krankenkassen die Bezahlung der Medikamente vom Stadium der Leberschädigung bei chronischer Hepatitis C abhängig.

science.ORF.at/APA

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