Langsame Besserung der Versorgungslage

In Österreich gibt es zu wenig Strahlentherapiegeräte: Die zuletzt stark kritisierte Versorgungslage könnte sich dank neuer Geräte nun verbessern. Das Niveau west- und nordeuropäischer Staaten bleibt aber in weiter Ferne.

Das sagten Experten bei einer Pressekonferenz im Rahmen des Kongresses der Europäischen Gesellschaft für Strahlentherapie und Onkologie (ESTRO) im Mai dieses Jahres in Wien. Neue Geräte sollen angeschafft werden, nur wer sie bedienen soll, stehe noch in den Sternen, berichtete Ö1.

Sechs neue Geräte bis 2020

„In den Niederlanden kommen acht Linearbeschleuniger auf eine Million Einwohner. Das ist auch der Stand in Skandinavien, der Schweiz und Belgien. Damit kann man die Versorgung sicherstellen“, sagte Joachim Widder, Leiter der Universitätsklinik für Strahlentherapie im Wiener AKH. Er hat jahrelang in den Niederlanden gearbeitet.

Bei acht Millionen Einwohnern wären das für Österreich 64 solcher Einrichtungen allein für die Routinetherapie von Krebspatienten. „Derzeit sind es 42 Geräte. In Leoben wird noch in diesem Jahr ein Gerät hinzukommen. 2018/2019 werden in Graz zwei weitere Geräte in Betrieb gehen, in Wien 2019/2020 zusätzliche drei Geräte“, sagte die Leiterin der Universitätsklinik für Strahlentherapie-Radioonkologie in Graz, Karin Kapp.

Strahlentherapie am Klinikum Klagenfurt

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Strahlentherapie am Klinikum Klagenfurt

In Niederösterreich zu wenige

Sie hatte 2014 beim letzten ESTRO-Kongress, der in Wien stattfand, Alarm geschlagen. Zuvor hatte eine Studie im „Lancet“ auf die eklatanten Mängel in Österreich hingewiesen. Sie führten und führen zu Wartezeiten für Patienten. In absehbarer Zeit dürften in Österreich jedenfalls 48 Linearbeschleuniger zur Verfügung stehen. In Kärnten steht ein benötigter Ausbau aus.

„Stellen Sie sich vor, Sie haben Krebs - und Sie landen auf einer Warteliste“, sagte Robert Hawliczek, Bundesfachgruppenobmann der Radioonkologen in Österreich. „Statt derzeit 13 Geräte werden wir mit zwei im Krankenhaus Hietzing und drei im Donauspital in Wien schließlich 15 haben. Damit wäre die Versorgung für Wien gesichert. Aber 30 Prozent der Patienten kommen aus Niederösterreich. Dort gibt es fünf Linearbeschleuniger und einen dazu für das Burgenland. Niederösterreich müsste eigentlich zwölf Anlagen haben“, fügte er hinzu.

Bedarf wird weiter steigen

Wissenschaft, Kapazitäten für Wartungsarbeiten und vor allem der steigende Bedarf an Strahlentherapie insgesamt für Krebspatienten werden die Situation in Zukunft verschärfen, wenn nicht gegengesteuert wird, wurde bei der Pressekonferenz betont.

In den nächsten 15 Jahren sei mit einer Zunahme der Zahl der Krebspatienten um etwa 20 Prozent zu rechnen. „Durch die Verbesserungen in der Therapie wird Krebs zunehmend eine chronische Erkrankung in nicht geheiltem Stadium“, sagte Kapp. Das werde den Bedarf an Strahlentherapie weiter steigen lassen.

Hinzu kommt die medizinische Weiterentwicklung. Die Onkologen weltweit erwarten, dass man durch Strahlentherapie Tumoren bzw. Krebszellen so schädigen kann, dass sie für das Immunsystem wieder leichter erkennbar und bekämpfbar werden. Das soll in Kombination mit den neuen Immuntherapeutika, welche die bei Krebserkrankungen auftretende Schwächung des Immunsystems wieder aufheben, zu besseren Behandlungserfolgen führen.

„Ahnungslose Rechner“

Mit entsprechenden Anwendungsgebieten etablieren muss sich erst die Bestrahlung mit Ionen und Protonen, wie sie am MedAustron-Zentrum in Wiener Neustadt erfolgen soll. Am meisten von Protonenstrahlen dürften Kinder mit Krebs profitieren, hieß es bei der Pressekonferenz. Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger verhandelt mit MedAustron bezüglich der Kostenübernahme für die Therapien.

Hawliczek betonte, dass die Krankenkassen für solche Therapien im Ausland bisher bis zu 40.000 Euro bezahlt hätten, man in Österreich aber von 18.000 Euro ausgegangen sei. Er meinte, bei den Personen, welche das kalkuliert hätten, handle es sich um „ahnungslose Rechner, die Hausnummern produzieren“.

science.ORF.at/APA

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