„iLung“ simuliert menschliche Lunge

Wie sehr schadet ein tiefer Atemzug in einer Lackiererei oder einem verrauchten Bistro? Das versuchen Forscher aus Wien mit einer künstlichen Lunge herauszufinden. Erste Tests der „iLung“ zeigen, welche Partikel es überhaupt bis in die Lunge schaffen.

Mit jedem Atemzug inhaliert der Mensch circa einen halben Liter Luft aus seiner Umgebung. Auf diese Weise können zahlreiche, zum Teil auch schädliche Partikel in die Luftröhre strömen. Wie viele davon tatsächlich ihren Weg in die Lunge finden, versuchen Forscher des Lungenlabors sowie Studierende der FH Technikum Wien aktuell herauszufinden. Hierfür haben sie eine künstliche Lunge gebaut - die sogenannte iLung.

Zwischen zwölf und 15 Atemzüge pro Minute macht die künstliche Lunge - genauso viele wie ein Mensch, wenn er in Ruhe ist. Gesteuert wird sie von einem Prozessor, der über einen Blasebalg Luft in die Lunge pumpt, erklärt der Medizintechniker Mathias Forjan. Anstatt einer menschlichen Lunge, verwenden die Forscher das Organ eines bereits toten Schweines. „Die Schweinelunge ist sehr ähnlich aufgebaut wie die menschliche Lunge.“

Video: Die iLung beim Atmen

Wie schädlich ist Ihr Arbeitsplatz?

Mit der „iLung“ kann untersucht werden, wie viele Teilchen und Schadstoffe Menschen an ihrem Arbeitsplatz einatmen - etwa im Friseursalon, einer Baustelle, einer Lackiererei oder einem Bistro. Zwar gibt es bereits Möglichkeiten, die Menge an Partikel in der Luft zu messen. Unklar ist jedoch, wie viel davon tatsächlich in die Lunge gerät und dort haften bleibt. „Das ist ja aber das Wesentliche, wenn es um die Frage geht, ob es gefährlich ist, sich in einer Umgebung länger aufzuhalten oder nicht“, so Forjan.

Ö1-Sendungshinweis

Diesem Thema widmet sich auch das „Ö1-Mittagsjournal“ am 22.5.um 12 Uhr.

Hierfür misst die iLung die Partikel, die beim Einatmen in die Lunge strömen und jene, die wieder ausgeatmet werden. Erste Tests mit einer konservierten Schweinelunge zeigten, dass Haarspray-Partikel etwa zu groß sind - sie bleiben in der Luftröhre hängen und werden wieder ausgehustet. Zigarettenrauch hingegen ebenso wie eine Vielzahl der Teilchen im Feinstaub sind kleiner und bahnen sich problemlos ihren Weg in Richtung Lunge. „Normalerweise werden sie dann über das Gewebe entweder zerlegt und möglicherweise abtransportiert“, erklärt der Medizintechniker. Andere Partikel wiederum durchbrechen die Zellmembran und wandern anschließend durch den restlichen Körper. Diese Partikel würden dann an einer anderen Stelle im Körper wieder auftauchen.

Um genauer sagen zu können, wie sich die Partikel in der Lunge verhalten und welchen Schaden sie anrichten können, braucht es noch weitere Tests und für diese auch eine frische Schweinelunge. Denn das chemisch haltbargemachte Organ, das bisher für Versuche eingesetzt wurde, ist nicht in der Lage, die Lunge eines atmenden Menschen vollständig zu simulieren. „Das Problem bei einer präservierten Lunge ist, dass die chemische Lösung die inneren Strukturen verklebt bzw. sie kollabieren lässt. Dadurch schafft es die Luft nicht, bis in die letzten Regionen der Alveolen tatsächlich vorzudringen.“

Schweinelunge

FH Technikum Wien

Schweinelunge

Frische Schweinelunge wird transplantiert

Im Moment arbeiten die Forscher daran, einen externen Versorgungskreislauf aufzubauen. Mit diesem soll es möglich sein, eine frische Schweinelunge an den Lungensimulator anzuschließen. Die Lunge stammt dabei aus einem Tier, das für den Fleischkonsum geschlachtet wird. „Die Lunge ist hier meist ein Abfallprodukt. Uns ist wichtig, mit der iLung auch eine Alternative zu Tierversuchen zu schaffen“, so Forjan. Erste Versuche mit dem transplantierten Organ sollen in den nächsten Monaten gemacht werden. Zusammen mit Zellkulturtechnikspezialisten wird dann untersucht, wo welche Partikel im Lungengewebe haften bleiben.

Die iLung ist aber nicht ausschließlich Forschungsgegenstand, sondern wird auch den Studierenden als Lehrobjekt zur Verfügung gestellt. „Medizintechnik ist nur mit gehöriger Praxiserfahrung sinnvoll“, so Forjan. Hierfür wird dann auch einmal ein gewöhnlicher Latexbeutel als Lungenäquivalent eingespannt. Gelernt wird dabei nicht nur, wie die iLung funktioniert, vielmehr soll erforscht und getestet werden, wie Beatmungsgeräte etwa auf einen selbständig atmenden Menschen reagieren. Hier könnte die iLung helfen, mögliche Fehlreaktionen des Beatmungsgeräts aufzuzeigen, so der Medizintechniker Forjan.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

Mehr zu diesem Thema: