Sind dumme Vögel leichte Beute?
Der Ornithologe Johannes Erritzøe präpariert seit über 60 Jahren Vögel im dänischen Christiansfeld. Letztes Jahr hat er gemeinsam mit dem Evolutionsbiologen Anders Pape Møller Daten von fast 4.000 toten Vögeln ausgewertet - und einen überraschenden Zusammenhang entdeckt: Vögel mit kleineren Gehirnen werden eher abgeschossen.
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Laut der Studie, veröffentlicht vergangenen November, starb nur jeder hundertste Vogel mit rund 20 g Gehirnmasse durch einen Jagdschuss. Bei Vögeln mit nur 0,23 g Gehirnmasse waren es viel mehr, nämlich 29 Prozent. Erritzøe: „Es könnte daran liegen, dass Vögel mit kleineren Gehirnen einfach dümmer sind.“ Möglicherweise können sie die Gefahr durch den Jäger nicht so gut erkennen und reagieren langsamer.
Studie umstritten
In der Vogelforscher-Community sind die Ergebnisse aber umstritten. Die Studie wird nun kritisiert, weil sie auch Vogelarten miteinbezog, die gar nicht offiziell gejagt werden. Die untersuchten Vögel gehören zu insgesamt 197 Arten, von denen bloß 39 gejagt werden dürfen. Erritzøe und Møller sehen das anders, denn auch bei den restlichen Arten gebe es Jagdopfer, wenn auch illegale. Außerdem sei auch bei den gejagten Arten ein statistischer Zusammenhang bemerkbar.
Noch ein Kritikpunkt: Die Gehirngröße wurde in Gramm gemessen und nicht in ein Verhältnis zur Körpergröße gesetzt, daher seien Rückschlüsse auf die Intelligenz spekulativ. Replik der Forscher: Sie hätten auch die Größe von Herz und Leber zur Kontrolle herangezogen - und hier keinen statistischen Zusammenhang gefunden.
Männchen öfter erlegt
Dass sich Vögel nun evolutionär an die Jagd anpassen und dadurch größere Gehirne entwickeln, sei nicht zu erwarten, meinen die beiden Forscher gegenüber science.ORF.at. Dazu sei der Anteil der gejagten Vögel insgesamt zu gering.
Im Übrigen sind nicht nur Vögel mit kleinen Gehirnen im Nachteil. Laut Statistik treffen die Jäger eher männliche Vögel als weibliche. Das habe aber nichts mit der Intelligenz zu tun, versichern die Wissenschaftler.
Katharina Gruber, Ö1-Wissenschaft