Einsamkeit macht egozentrisch - und umgekehrt

Es ist ein unglücklicher Zirkelschluss: Wer einsam ist, neigt einer neuen US-Studie zufolge dazu, immer mehr um sich selbst zu kreisen. Diese ausgeprägte Selbstbezogenheit wiederum verstärkt auf Dauer die Einsamkeit.

Kurzfristig sei Einsamkeit evolutionär durchaus sinnvoll, denn sie bringe den Einsamen dazu, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und motiviere ihn, seine Sozialkontakte zu pflegen, schreiben der Psychologe John Cacioppo von der Universität Chicago und Kollegen. Langfristig aber sei sie schädlich - sowohl für die körperliche als auch die mentale Gesundheit.

Der Psychologe Cacioppo forscht seit Jahren zur Einsamkeit - in diversen Studien in verschiedenen Ländern fand er heraus, dass sich im Schnitt etwa 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung einsam fühlen. Für die neue Studie im „Personality and Social Psychology Bulletin“ sichtete er Daten einer umfassenden Gesundheitsuntersuchung, bei der von 2002 bis 2013 rund 230 Amerikaner zwischen 50 und 68 Jahren jährlich befragt wurden.

Es zeigte sich, dass einsame Teilnehmer nach einem Jahr selbstbezogener waren. Dies hatten die Forscher durchaus erwartet. Überrascht waren sie jedoch, dass Selbstbezogenheit sich auch als Indikator für Einsamkeit herausstellte.

Allein ist nicht gleich einsam

Cacioppo betont, dass jemand, der alleine lebt, nicht zwingend einsam sein muss. Viele Singles liebten ihre Ungebundenheit. Und auch mit Menschen um sich herum - in Schule, Job oder Partnerschaft - könne man sich chronisch einsam fühlen, weil echte gegenseitige Ansprache fehlt. Denn eben dieser Austausch, nicht Alltagsunterstützung oder bloße Gesellschaft, sei wichtig.

In einem Interview empfahl Cacioppo Einsamen: „Machen Sie ein Ehrenamt, das Sie erfreut. Wenn Sie in einer Suppenküche arbeiten, werden Sie plötzlich feststellen, dass andere Menschen wirklich nett sein können und mit Dankbarkeit reagieren.“

In den USA leben heute 30 Prozent mehr Menschen allein als 1980. Auch in Österreich steigt die Zahl der Single-Haushalte, sie haben sich seit 1986 nahezu verdoppelt.

science.ORF.at/APA/dpa

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