Klimawandel verändert selbst große Seen

Der Klimawandel beeinflusst selbst große Seen innerhalb kurzer Zeit massiv. Das zeigt das Beispiel von Lake Hazen auf Ellesmere Island im äußersten Norden Kanadas. Das Ökosystem des größten arktischen Sees habe sich in wenigen Jahren verändert, sagt ein Wiener Forscher.

In der Region hat sich die Durchschnittstemperatur seit dem Jahr 2000 um über 2,5 Grad Celsius erhöht. „Der nur 900 Kilometer vom Nordpol entfernte See wird mittlerweile nahezu jedes Jahr eisfrei“, erklärt Günter Köck vom Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der Akademie der Wissenschaften (ÖAW), der in den vergangenen Jahren den See kartiert und an der tiefsten Stelle (267 Meter) auch Bohrkerne vom Seesediment entnommen hat.

Das Gewässer wird nur vom Schmelzwasser der umliegenden Gletscher gespeist und hat nur einen Ausfluss, was zu einer sehr langen Umwälzzeit des Wassers führt. „Sedimente und Schadstoffe lagern sich daher sehr schön in Schichten ab, die ein wertvolles Klimaarchiv bilden“, so der Biologe.

Mehr Schmelzwasser und Schadstoffe

Durch die Erwärmung hat sich nicht nur der Zustrom von Schmelzwasser massiv erhöht, sondern auch der Eintrag von Sediment, Kohlenstoff und Schadstoffen. Das habe das Ökosystem des Sees verändert, was etwa durch eine geänderte Zusammensetzung des Planktons und eine stetige Verschlechterung der Kondition der Seesaiblinge offensichtlich werde. „Man dachte nicht, dass so große Gewässer - Lake Hazen ist immerhin so groß wie der Gardasee - in so kurzer Zeit so stark beeinflusst werden“, sagte der Wissenschaftler, der mit seinen Kollegen eine Publikation über die Veränderungen vorbereitet.

Am Sonntag bricht Köck mit seinen Kollegen im Rahmen des österreichisch-kanadischen Forschungsprojekts „High-Arctic“ wieder zu einer Expedition in die Arktis auf. Seit 1997, also bereits 20 Jahre lang, untersuchen die Wissenschaftler die Anreicherung von Schwermetallen und organischen Schadstoffen sowie die Einflüsse von Klimaveränderungen auf Seesaiblinge in rund 30 Seen in der kanadischen Arktis.

„Das Besondere an unserem Projekt ist die Kontinuität, mit der wir Schlüsselfaktoren im Ökosystem arktischer Seen untersuchen“, sagte Köck. Mit Hilfe der langen Datenserie und Modellen können die Forscher die Klimaauswirkungen auf Wachstum und Schadstoffbelastung von Fischen aus arktischen Seen prognostizieren.

Expedition zu Seen

Schwermetalle wie Quecksilber gelangen aus den Industriegebieten im Süden Kanadas sowie aus Russland und China über die Atmosphäre in die Seen. Die Forscher haben festgestellt, dass in den meisten Seen die Konzentration von Quecksilber und Schadstoffen wie PCB oder DDT in den Fischen aufgrund der Reduktion der globalen Emissionen seit etwa 2005 kontinuierlich abnimmt. Dagegen steigt die Belastung der Fische mit chemischen Verbindungen (Polybromierte Diphenylether), die häufig als Flammschutzmittel eingesetzt werden und als hormonwirksam und das Nervensystem schädigend gelten.

Im Rahmen der heurigen Expedition werden drei Forscherteams in rund zehn Seen auf Cornwallis Island, Melville Island und Ellesmere Island Seesaiblinge, Wasser, Sediment und Plankton untersuchen. Nach sieben Jahren kann Köck mit seinem Kollegen Charles Talbot von „Environment Canada“ heuer wieder einmal Lake Hazen im nördlichsten Nationalpark Kanadas (Quttinirpaaq National Park) untersuchen, öftere Besuche sein wegen der hohen Transportkosten in das entlegene Gebiet nicht möglich, sagte Köck. Die Datenreihe von diesem See ist dennoch vollständig, da die Forscher alljährlich Fische und Wasserproben von Nationalpark-Rangern erhalten.

science.ORF.at/APA

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