Wie der Airbag Autos sicherer machte

Herzchirurgie, Klimamodelle und die Politik der freien Liebe - das waren drei Themen der diesjährigen Ö1-Serie „Baujahr ’67“. Der letzte Beitrag widmet sich den Ursprüngen einer lebensrettenden Innovation: dem Airbag.

Höhere Geschwindigkeiten auf den Straßen und immer mehr Verkehrstote: Das waren die Gründe dafür, dass Mercedes Benz als einer der ersten europäischen Konzerne im Jahr 1967 mit der Entwicklung des Airbags begann. Dreizehn Jahre später ging das erste Serienauto, ein Mercedes S-Klasse, mit Airbag in die Produktion. Der Konzern habe hier „Pionierarbeit“ geleistet, betont Rodolfo Schöneburg, Leiter der Fahrzeugsicherheit von Mercedes Benz.

Erstes Mercedes-Modell mit Airbag von innen

Daimler AG

Erstes Mercedes-Modell mit Airbag von innen

Aus technischer Sicht war es in den 1960er-Jahren nicht möglich, den Luftsack schnell genug aufzublasen. Die Herausforderungen für die Entwickler waren groß, so Schöneburg: „Das System musste sich innerhalb weniger Millisekunden entfalten, den Insassen schützen und durfte nur bei Unfällen auslösen und nicht bei leichten Remplern.“

"Wie in der Raketentechnik“

Ab 1967 begannen Expertinnen und Experten bei Mercedes Benz, das Problem zu lösen: „Entfaltet wurde nun der Luftsack mit Festtreibstoff, der abbrennt – ähnlich wie in der Raketentechnik“, so Schöneburg. Er nennt die Entwicklung des Airbags „revolutionär“: „Der Airbag war ein passives System: Er wird ja von der Fahrzeugtechnik ausgelöst, von einem Sensor, ohne dass sich der Insasse beteiligen muss.“

Historisches Foto mit augeblasenem Airbag

Daimler AG

Erste Ideen für einen Airbag wurden bereits 1920 geboren, das erste Patent zu einem Kfz-Airbag erwarb der Erfinder Walter Linderer 1951 in Deutschland. In den 1950er-Jahren meldete Harry A. Bertrand in den USA ein weiteres Airbag-Patent für den Konzern General Motors an. 20 Jahre später wähnte sich General Motors mit seinem „ACRS“, Air Cushion Restraint System, am Ziel. Fehlauslösungen und ein tödlicher Unfall als Folge einer Airbagauslösung führten allerdings dazu, dass das System wieder vom Markt genommen wurde.

Individualisierte Luftsäcke

In den späten 1980er-Jahren wurde der Airbag immer mehr zum fixen Bestandteil des Autos. Heute ist er aus den Fahrzeugen nicht mehr wegzudenken. Ausgehend von der Airbagtechnologie entwickeln Fahrzeughersteller nun neue Technologien: „Wir haben jetzt einen kleinen Bag entwickelt, der im Rückenpolster angebracht ist. Dieser löst über Radarsensorik schon vor dem Unfall aus und stößt den Insassen an: weg von der Seitenwand in Richtung Fahrzeugmitte bei einem drohenden Seitenaufprall.“

Baujahr ’67 – Zeitreisen mit Ö1

Was hat 1967, das Gründungsjahr von Ö1, bewegt? Und was davon ist heute noch in Betrieb? In einem Jubiläumsschwerpunkt zum 50er begeben sich zahlreiche Sendungen auf Zeitreisen in Vergangenheit und Zukunft - mehr dazu in Baujahr ’67 - 50 Jahre Ö1.

In Zukunft wollen die Entwicklerinnen und Entwickler mit den Airbags noch mehr die Bedürfnisse der jeweiligen Fahrzeuginsassen berücksichtigen: „Die Individualisierung schreitet weiter voran: Indem man die Sitzposition der Insassen erkennt, kann man den Airbag dann steifer oder weniger steif auslegen.“

Dass der Airbag an Relevanz verloren hat, betont hingegen Verkehrsplaner Hermann Knoflacher von der TU Wien: „Durch den Sicherheitsgurt, Leitschienen oder Geschwindigkeitsbeschränken steht der Airbag nicht mehr im Vordergrund.“ Geleistet habe der Airbag dennoch vieles, so Knoflacher: „In den 60er- und 70er-Jahren hat er Bewusstsein für unfallmechanische Vorgänge geschaffen. Er hat den Menschen gezeigt, wie wichtig Sicherheitsmaßnahmen sind.“

Markus Andorf, Ö1-Wissenschaft

Beiträge der Serie „Baujahr ’67“: