„Höheres Krebsrisiko“ für Arbeiter

Die Banane gilt als „Pestizid-Weltmeister“, weil beim konventionellen Anbau besonders viele Insekten- und Unkrautvernichtungsmittel nötig sind. Auswirkungen wurden bisher meist bei Tieren und Zellen analysiert. Ein Mediziner hat nun Arbeiter untersucht.

Ecuador gehört zu den vier größten Bananenproduzenten weltweit. Auf riesigen Plantagen wächst Staude neben Staude, die meisten davon konventionell betriebene Monokulturen - und darüber fliegen regelmäßig Flugzeuge, die einen Nebelschleier hinter sich herziehen. „In Ecuador ist das sogenannte ‚Air Spraying‘ noch erlaubt, das in der EU bereits verboten wurde“, sagt der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Medizinischen Universität Wien. Flugzeuge fliegen über die Felder und verteilen so großflächig die Pestizide.

Konventionelle und Bio-Betriebe im Vergleich

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Über das Thema berichtete auch das Mittagsjournal am 25.10.2017 um 12:00.

Das ist aber nicht der einzige Weg, über den Arbeiter auf konventionell bewirtschafteten Bananenplantagen mit Insekten- und Unkrautvernichtungsmitteln in Kontakt kommen. Sie versprühen auch händisch die Mittel, 80 bis 90 Prozent ohne jeglichen Schutz wie Mundmaske oder Handschuhe, so Hutter. Deshalb gebe es drei Kontaktwege: „Die Arbeiter atmen die Mittel ein, sie nehmen sie über die Lebensmittel zu sich und natürlich auch über die Haut.“

Wie sich das auf den Körper auswirkt, dazu hat der Wiener Mediziner 34 Arbeiter von konventionellen Bananenbetrieben und 37 Arbeiter von Bio-Betrieben in Ecuador befragt - ein Sample, das statistisch haltbare Aussagen zulässt, so der Mediziner. Dass er überhaupt mit Arbeitern Kontakt aufnehmen konnte, hatte er den Gewerkschaften zu verdanken: „Die Betriebe erlauben keine Befragungen und Untersuchungen an den Arbeitern. Hätten die Gewerkschaften nicht dazu aufgerufen und Orte organisiert, hätte die Studie nie geklappt.“

Zellen verändern sich stärker

Die Befragung anhand eines standardisierten Fragebogens hat gezeigt: Wo Pestizide eingesetzt werden, berichteten die Beschäftigten signifikant häufiger von starker Müdigkeit (68 Prozent vs. 32 Prozent in Biobetrieben), Erschöpfung (71 vs. 46 Prozent), Magenschmerzen (45 vs. 27 Prozent) und Durchfall (26 vs. acht Prozent) sowie Hautreizungen (45 vs. 16 Prozent).

Zusätzlich wurden auch Abstriche von der Mundschleimhaut genommen und die Zellen auf Veränderungen analysiert: „Da sieht man, dass die Zelle durch chemische Einflüsse verändert wird. Die Zellen sterben nicht ab, sie verändern sich und haben dadurch ein Potential, bösartig zu entarten.“ Die Zellveränderungen reichen von einer starken Verdichtung der DNA bis hin zu einer beginnenden Auflösung des Zellkerns. Langfristige Veränderungen im Körper seien das, sagt der Umweltmediziner, die letztlich mit einem höheren Krebsrisiko einhergehen. „Das Risiko ist deutlich höher bei jenen, die mit den Pestiziden umgehen als bei jener Gruppe, die im ökologisch-integrativen Landbau tätig sind.“

Kein Wissen über Pestizide

Mit welchen Pestiziden genau die Plantagenarbeiter zu tun hatten, das war gar nicht so leicht zu ermitteln, denn die Hälfte habe nicht gewusst, womit sie hantieren, so Hans-Peter Hutter. Zehn Personen haben angegeben, regelmäßig mit mehr als fünf verschiedenen Insekten- und Unkrautvernichtungsmitteln zu hantieren. Am häufigsten genannt wurde das umstrittene Glyphosat.

Der Umweltmediziner plant, die mit Unterstützung von Ärzte für eine gesunde Umwelt und Südwind ermittelten Studienergebnisse demnächst zu veröffentlichen, sind doch Untersuchungen an den Produzenten exportierter Lebensmittel selten: „Meist interessiert uns, ob Pestizide in unseren Supermärkten landen. Das ist auch wichtig zu klären. Die Arbeitsbedingungen vor Ort sollten aber dennoch nicht außer Acht gelassen werden.“

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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