Forschungsobjekt Latte macchiato

Gießt man Espresso zügig in warme Milch, entsteht ein perfekter Latte macchiato mit hellen und dunklen Schichten. Das zeigen Experimente. Die Mischung dient nun als Vorbild für weiche Materialien mit Schichten.

Der Ausgangspunkt für die Untersuchungen des Forscherteams um Howard Stone von der Princeton University waren die Schichten im Latte macchiato. Meist werden sie durch vorsichtiges Gießen des Espressos in den Milchschaum erreicht: Die dichtere und kältere Milch bildet die untere Schicht, während der leichtere und heißere Kaffee sich in der Mitte einfindet. Der leichte Milchschaum thront obenauf.

Die Studie

„Laboratory layered latte“, Nature Communications, 12.12.2017

Doch eine solche Schichtung, wenn auch mit mehr Abstufungen, kann auch mit einem schnellen Eingießen des Espressos erreicht werden. Dann kommt es gleichzeitig zu einer Aufwärts- und einer Abwärtsbewegung in der Flüssigkeit - Fachleute sprechen von einer doppelt diffusen Konvektion.

Video: Mischung von Latte macchiato

Dazu müssen sich die zu mischenden Flüssigkeiten in zwei Eigenschaften unterscheiden, beim Latte macchiato sind es die Temperatur und die Dichte. Es entsteht ein Dichte- und ein Temperaturgefälle, das den Naturgesetzen zufolge nach einem Ausgleich strebt. Damit dieser Ausgleich - die Konvektion - in Gang kommt, muss das Gefälle jedoch groß genug sein. Deshalb kann ein langsames Eingießen keine doppelte diffuse Konvektion auslösen.

Schichten aus einem Guß

Die Forscher fanden nun durch Experimente mit gefärbtem Wasser und salzhaltigem Wasser heraus, dass die kritische Gießgeschwindigkeit 21 Meter pro Sekunde beträgt: Bei einer höheren Geschwindigkeit verursacht der einschießende Flüssigkeitsstrahl genügend Turbulenzen, um Konvektionszellen entstehen zulassen, die das Temperatur- und Dichtegefälle ausgleichen. Durch den Ausgleich bilden sich dann die Schichten.

Video: Gefärbtes Wasser in Salzwasser

Diese Erkenntnisse setzten die Forscher nun zur Erzeugung eines Gels mit Schichten unterschiedlicher Festigkeit ein. Dazu gossen sie eine heiße Agarose-Gel-Lösung in salzhaltiges Wasser und ließen das Ganze auf Raumtemperatur abkühlen. Agarose ist ein Zucker, der beim Abkühlen geliert. Die Forscher beobachteten nun, dass sich noch vor dem Gelieren Schichten mit unterschiedlichem Agarose-Anteil in der Lösung bildeten. Der obere, festere Teil hielt einem Druck von 230 Kilo-Pascal stand, der untere, weichere Teil nur 50 Kilo-Pascal. Solche geschichteten weichen Substanzen sind bisher nur in mehreren Schritten herstellbar.

„Diese einstufige, einzel-chemische Methode kann die Herstellung mehrschichtiger Strukturen in der Lebensmittelwissenschaft, in der Gewebetechnik und anderen Anwendungen in der Materialwissenschaft erleichtern“, schreiben die Forscher. Sie sehen in einem Latte macchiato eben mehr als ein leckeres Getränk.

science.ORF.at/APA/dpa

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