Anatomie einer Naturkatastrophe

Drei Millionen Kubikmeter Fels, das Volumen von 3.000 Einfamilienhäusern, stürzten am 23. August auf einen Gletscher im Kanton Graubünden - mit katastrophalen Folgen. Jetzt haben Schweizer Experten den Hergang analysiert.

Ihr Fazit: Es war eine äußerst seltene Verkettung von Naturereignissen. Fatal war vor allem, dass die Felsmassen vom Piz Cengalo direkt auf den darunterliegenden Gletscher herabfielen und große Mengen an Eis abtrugen.

Ein Teil davon schmolz und formte einen Schuttstrom, der sich durch das Bondasca-Tal bis zur Dorfschaft Bondo ergoss. Acht Personen, darunter ein steirisches Ehepaar, werden seit dem Unglück vermisst.

Bergdorf versinkt im Schlamm und Schutt

MIGUEL MEDINA / AFP

23. August 2017: Das Bergdorf Bondo versinkt in Schlamm und Schutt

Durch Messungen wussten die Behörden im August, dass ein größerer Bergsturz bevorstand. Überraschend kam er dennoch. Denn ausgerechnet in den Tagen vor dem 23. August war der Fels am Piz Cengalo „sehr ruhig“, berichtet nun eine fast zwanzigköpfige Expertengruppe, die vom Kanton zur Aufarbeitung der Naturkatastrophe eingesetzt wurde.

Weitere Muren und Bergstürze drohen

Insgesamt flossen im August in mehreren Murgängen 500.000 Kubikmeter Schutt durch das Tal hinab bis nach Bondo. Weitere 1,5 Millionen Kubikmeter Felssturzmaterial türmen sich weiterhin im Seitental. Laut den Experten können diese durch genügend Wasser mobilisiert werden und als erneuter Murgang bis nach Bondo vordringen.

Schlamm und Geröll: Mure unterhalb des Piz Cengalo

Kantonspolizei Graubünden / AFP

Die Mure im Bondasca-Tal

Auch weitere Bergstürze drohen dem kleinen Bergdorf. Am Piz Cengalo ist mehr als eine Million Kubikmeter Fels in Bewegung. Langfristig könnten sich bis zu drei Millionen Kubikmeter aus der Wand lösen - also nochmals das gleiche Volumen des Bergsturzes vom 23. August.

science.ORF.at/APA/sda

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