Anblick nackter Haut verringert Mitgefühl

Ein eng anliegendes Abendkleid und etwas nackte Haut: Sexualisierte Darstellungen von Frauen wie diese führen dazu, dass Betrachter weniger Mitgefühl mit ihnen haben als mit unauffällig Gekleideten.

Wiener Psychologinnen haben beobachtet, was dabei ihm Gehirn vor sich geht. Das Empathie-Netzwerk im Gehirn ist beim Anblick „nackter Tatsachen“ weniger aktiviert, sagt Giorgia Silani von der Uni Wien. In einer soeben in der Fachzeitschrift „Cortex“ erschienenen Studie betraf das sexualisierte Darstellungen von Frauen.

„Sowohl Männer als auch Frauen reagierten auf sie mit weniger Mitgefühl“, so Silani gegenüber science.ORF.at. „Dafür sprechen sowohl ihre Angaben nach dem Experiment als auch ihre Gehirnreaktionen.“

Frust beim Ballspiel am Computer

Das Ergebnis passt zum Wissensstand sozialpsychologischer Forschung: Wird eine Person sexualisiert dargestellt - indem etwa sekundäre Geschlechtsmerkmale mittels knapperer Kleidung stärker betont werden - verändert das die Wahrnehmung der Person durch Außenstehende. Solchen Personen wird zum Teil Moral und Verantwortung abgesprochen werden, wie es am Donnerstag in einer Aussendung der Universität Wien hieß.

Giorgia Silani hat das Phänomen nun mit italienischen Kollegen bei 40 Versuchspersonen – 20 Frauen, 20 Männer – genauer untersucht. Die Forscher ließen die Studienteilnehmer an einem computergesteuerten Ballspiel teilnehmen. Dabei durften sie mitspielen oder sie erhielten nie den Ball, was Frustration erzeugen sollte.

Ebenso erging es einer jungen Frau, die am Computerbildschirm zu sehen war. Diese Dame war entweder mit Hose und T-Shirt oder mit einem engen Abendkleid und Strümpfen bekleidet. Danach gaben die Teilnehmer an, welche Gefühle das Spiel bei ihnen selbst sowie bei der Dame gegenüber ausgelöst hat. Dabei zeichneten die Psychologen die Gehirnaktivität der Studienteilnehmer auf.

Erklärung noch offen

Es zeigte sich, dass die Kleidung tatsächlich unterschiedliche Gefühle auslöste: Die Empathie für die Frau, die sexualisiert dargestellt wurde, war reduziert – und zwar sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen.

Der Grund dafür ist laut Studienleiterin Silani nicht klar. Es könnte sein, dass die sexualisierte Darstellung die Aufmerksamkeit der Betrachter verändert. Oder die Betrachter fühlen sich angesichts der „nackten Haut“ einer anderen („normal gekleideten“) Gruppe zugehörig und zeigen deshalb weniger Mitgefühl.

Beiden Hypothesen müsse in künftigen Studien nachgegangen werden, sagt Silani. Sicher ist sie hingegen, dass sich der Effekt auch bei sexualisierten Darstellungen von Männern zeigen würde – allerdings gilt es auch das erst zu beweisen.

Lukas Wieselberg, Material: APA

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