CO2 macht Seen saurer

Der Kohlendioxid-Gehalt steigt nicht nur in den Meeren, sondern auch Süßwasserseen können betroffen sein. Sie werden dadurch ebenfalls saurer. Das habe Folgen für die Bewohner, warnen nun Forscher.

Biologen der Ruhr-Universität in Bochum haben anhand von Langzeitdaten nachgewiesen, dass sich der CO2-Gehalt in vier Talsperren in Nordrhein-Westfalen innerhalb von 35 Jahren verdreifacht hat. Die Gewässer wurden durch den CO2-Anstieg saurer: Der pH-Wert ging um durchschnittlich rund 0,3 zurück. Er sank jedoch noch nicht unter den Wert von reinem Wasser, das als neutral gilt. Untersucht hatten die Forscher die Talsperren Möhne, Henne, Lister und Sorpe.

Sie nehmen einen solchen Effekt auch bei vielen anderen Süßgewässern weltweit an, bei einzelnen wurde er bereits nachgewiesen. Je nach Kalkgehalt werde er vermutlich verschieden groß ausfallen, schreiben die Forscher um Linda Weiss am Lehrstuhl Evolutionsökologie und Biodiversität der Tiere.

Gefährdete Wasserflöhe

Als Folge des CO2-Anstiegs befürchten die Forscher unter anderem nachlassende Verteidigungskräfte von Wasserflöhen (Daphnien) gegen Fressfeinde. Im Labor konnten sich die als Überlebenskünstler geltenden Krebstierchen bei sehr hohen CO2-Konzentrationen nicht mehr ausreichend gegen Räuber verteidigen. Diese Konzentrationen könnten bei unvermindert steigendem CO2-Ausstoß eintreten.

Ein chemischer Sinn erlaubt es den Wasserflöhen nach Auskunft der Biologen, Signalstoffe von Fischen und Mückenlarven aufzuspüren. Typische Abwehrreaktionen seien dann das Aufstellen von Nackenzähnen oder die Änderung der Körpergröße. Das CO2 beeinflusse sehr wahrscheinlich das Nervensystem.

Mitverantwortlich für den sinkenden pH-Wert sei vermutlich der Eintrag von organischem Material wie Blättern in die Stauseen und der anschließende Abbau zu CO2. Sollten die Algen-fressenden Wasserflöhe als Folge aus den Gewässern verschwinden, könnte das Auswirkungen auf größere Wassertiere haben.

Logische Folge

Die Bochumer Biologen wollen weiter an diesem Thema forschen. Bekannt ist laut Weiss, dass auch in Seen in anderen Ländern steigende CO2-Werte gemessen wurden, z.B. in der USA. Zu diesen Werten lägen aber keine Langzeitdaten vor. Ziel sei es, Erkenntnisse zum CO2-Anstieg in Süßwasser-Seen weltweit und zu dessen möglichen Auswirkungen auf Wasserlebewesen zu erhalten.

Die Deutsche Gesellschaft für Limnologie (DGL) hält die Folgen durch einen CO2-Anstieg für logisch. Mit den Auswirkungen auf die Gewässer müsse man sich jetzt mehr beschäftigen, sagt der Präsident Mario Sommerhäuser. Das Phänomen des höheren CO2-Gehalts sei nicht neu und nicht immer negativ, wenn man an die Moore und ihre Nutzung denke. Eine hohe Absorption von CO2 aus der Luft, wie sie besonders in Ozeanen vorkomme, binde auch das klimaschädliche Gas CO2.

science.ORF.at/APA/dpa

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