Ozonschicht wird doch dünner

Dank des Verbots von schädlichen Chemikalien erholt sich die Ozonschicht zwar langsam, aber stetig, waren sich Experten bisher einig. Eine neue Studie zeigt: Abseits der Pole nimmt sie in manchen Luftschichten weiterhin ab. Die Gründe sind unklar.

Trotz mancher Rückschläge gilt der Kampf gegen das Ozonloch über der Antarktis als größter Erfolg der internationalen Umweltpolitik. Vor mehr als 30 Jahren, im September 1987, wurde das Montreal-Protokoll beschlossen. 197 Staaten einigten sich darin, ozonschädliche Treibgase wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) langfristig zu verbannen. Die langlebigen Chemikalien schädigen die Ozonschicht, die die Erde vor UV-Strahlung schützt. Sie sollen daher für das seit Anfang der 1980er Jahre jährlich auftretende Ozonloch über der Antarktis verantwortlich sein. Dieses hatte sich innerhalb weniger Jahre dramatisch vergrößert.

Gut zehn Jahre später schien das Loch tatsächlich nicht mehr zu wachsen. Manche Experten gingen damals sogar davon aus, dass die schützende Ozonschicht ab dem Jahr 2050 wieder im Zustand von 1980 sein könnte. Trotz neuer Negativrekorde - bedingt unter anderem durch Vulkanausbrüche und Wetterschwankungen - war man sich weitgehend einig, dass sie sich tatsächlich erholt, wenn auch langsamer als gedacht, wie z.B. eine Studie aus dem vergangenen Jahr ergab.

Nur über den Polen Erholung

Die neue Studie der Forscher um William T. Ball vom Physikalisch-Meteorologischen Observatorium Davos dämpft nun den Optimismus. Ihre Auswertung von Satellitendaten der letzten drei Jahrzehnte zeigt, dass zwar die Ozonwerte in der oberen Stratosphäre - also in einer Höhe von über 30 Kilometer - tatsächlich seit 1998 wieder steigen. Aber, und das ist die schlechte Nachricht, in niedrigeren Luftschichten - in der Höhe von 15 und 24 Kilometer, wo die Ozonschicht eigentlich am dichtesten ist - sinken die Werte seit damals weiter, zumindest abseits der Polregionen zwischen dem 60. südlichen und dem 60. nördlichen Breitengrad.

Teilweise sei dieser Effekt bisher durch bodennahes Ozon - das sich bei schönem, warmem Wetter bildet und ein eigenes Umweltproblem darstellt - maskiert worden, vermuten die Forscher. Der mögliche Schaden, den eine schwache Ozonschicht in diesen Regionen der Erde anrichten könnte, sei noch größer als über den Polen, meint Koautorin Joanna Haigh vom Imperial College London: „Die UV-Strahlung ist hier ohnehin intensiver und außerdem leben hier sehr viel mehr Menschen.“

Klimawandel oder Schadstoffe

Warum das Ozon in diesen Luftschichten weiterhin abnimmt, bleibt indes unklar. Die Forscher haben aber ein paar mögliche Erklärungen. Unter anderem könnte der Klimawandel schuld sein. Dieser verändere die atmosphärischen Strömungen: Luft aus den Tropen dringt schneller und weiter in Richtung der Polarregionen. Dadurch wird weniger Ozon gebildet.

Eine andere Erklärung könnten kurzlebige chemische Substanzen sein, die nicht durch das Montreal Protokoll verboten sind. Solche Verbindungen, die Chlor oder Brom enthalten, nehmen laut den Studienautoren weiter zu. Durch Stürme können diese in die untere Stratosphäre gelangen. „Sie könnten ein bisher unterschätzte Faktor sein“, meint Ball dazu in einer Ausendung.

Was die weitere Ausdünnung der Ozonschicht für Menschen und Ökosysteme bedeutet, lässt sich vorerst nicht abschätzen. Laut Koautor Thomas Peter von der ETH Zürich sind die Ergebnisse zwar besorgniserregend, aber nicht alarmierend: „Der jetzt festgestellte Rückgang des Ozons ist weitaus weniger rasant als vor In-Kraft-treten des Montreal Protokolls.“ Aber die Entwicklungen der Ozonschicht über den stark bevölkerten mittleren Breiten sollten in Zukunft genauer beobachtet werden.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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