Zeitgeschichte-Schwerpunkt im ORF

Sieben Stunden neue Dokumentationen im TV, dazu ein umfangreicher Themenschwerpunkt in Radio und Internet: Das ORF-Programm steht anlässlich des Gedenkjahrs 2018 ganz im Zeichen der Zeitgeschichte.

„Wir wolle unsere Rolle als elektronisches Gedächtnis unseres Landes voll ausüben“, meinte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz heute bei der Präsentation des Programms zum Gedenken an den „Anschluss“ Österreichs an Hitler-Deutschland im März 1938.

Bei Planungsbeginn vor zwei Jahren „hätte man vielleicht noch mehr gedacht, dass diese Fragen rein historisch sind“, in einem veränderten politischen Umfeld werde einem jedoch nun wieder bewusst, „dass es auch heute noch Menschen gibt, die etwa große Schwierigkeiten haben zu erklären, ob Österreich eine Nation ist oder nicht“.

Ö1-Schwerpunkt

Der Radiosender Ö1 widmet dem „Anschluss“ über 60 Sendungen und Beiträge mit insgesamt 2.140 Sendeminuten - und hat dafür auch in einem deutschen Archiv wiederentdecktes Original-RAVAG-Reportagematerial von einst zur Verfügung. Beginnen wird der „Ö1 Kunstsonntag“ zum „Anschluss“, darauf folgt die „Lange Nacht der Erinnerung“. Von 11. auf 12. März 2018 wird Ö1 einen historischen Liveticker mit den Radionachrichten vor genau 100 Jahren spielen.

Die Spezialsendereihe „Betrifft: Österreich“ übernimmt am Vormittag des 12. März. Sie thematisiert von 08:55 bis 19:55 Uhr die Ereignisse, die in der jeweils darauffolgenden Stunde vor 80 Jahren, stattgefunden haben. Auch hier werden Originaltondokumente zum Einsatz kommen. Ebenso im „Radiokolleg Spezial“, das sich über die gesamte Woche mit den Aspekten und Folgen des „Anschlusses“ beschäftigen wird. Dies sind nur einige Beispiele der zahlreichen Sendungen auf Ö1 - mehr dazu im Ö1-Themenschwerpunkt.

Adolf Hiter 1938 bei einem Aufmarsch in Wien

AFP / FRANCE PRESSE

Nach dem „Anschluss“ 1938: Adolf Hitler bei einem Aufmarsch in Wien

Liveticker auf science.ORF.at

Was die Zeithistorie in Fernsehen und Internet angeht, gab ORF-Programmdirektorin Kathrin Zechner bei der Pressekonferenz das Motto vor: „Meine Passion ist es, Geschichte begreifbar zu machen.“ Es gehe ums Ergründen, was Menschen zu Hassern, Hetzern und Mördern mache, um ein empathisches Verstehen der damaligen Ereignisse. Besonders stolz sind Zechner und Andreas Novak, der Leiter der ORF-Zeitgeschichteredaktion, auf die erstmalige „Echtzeit-Strecke“, mit der jeweils ein Bezug auf Ereignisse vor genau 80 Jahren hergestellt wird.

Von heute, Dienstag, bis zum 21. März erinnern 30-Sekunden-Kurzspots mit von Studenten des Max-Reinhardt-Seminars gelesenen Zitaten aus Tagebüchern, Zeitungen, Flugblättern und Briefen in den Fernsehprogrammen sowie auf ORF.at und in der TVthek an den jeweiligen Tag vor 80 Jahren - mehr dazu im Videoarchiv der TVthek.

science.ORF.at gestaltet in Kooperation mit Ö1, dem Haus der Geschichte Österreichs, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien einen „historischen Liveticker“, der die Ereignisse mit Texten, Fotos, Videos, Audios und Originaldokumenten nachzeichnet. „Schnörkellose Vermittlung“, nannte das Zechner.

TV-Dokumentationen

Auch bei der Programmierung der großen Sendungen hat man versucht, den „Real Time“-Charakter zu betonen. So beginnt man den Schwerpunkt am 8. März mit einer Doku von Andreas Novak, die sich mit dem Friedensvertrag von Saint Germain beschäftigt („Trauma, Träume und Tragödien - Ein Friedensvertrag und seine Folgen“, 21.05 Uhr, ORF 2).

Tags darauf steht Bundeskanzler Kurt Schuschnigg im Mittelpunkt einer Dokumentation von Andreas Novak und Georg Stuhlpfarrer (21.15 Uhr, ORF 2). Am 10. März analysieren die neun Landesstudios ab 17.05 Uhr in ORF 2 die Geschichte ihres Bundeslandes zwischen 1918 und 1938. „Erstmals haben wir ganz aktiv die Landesstudios in so einen Schwerpunkt eingebunden“, sagte Wrabetz.

Ein umfangreiches Programmangebot gibt es am Sonntag, 11. März, für Gerhard Jelinek „Der längste Tag“. Seine Doku über „18 Stunden, die Österreichs Schicksal entscheiden“ wird um 17.05 Uhr auf ORF 2 gesendet. In einer „ZiB History“-Spezialausgabe sendet ORF 2 um 19.47 Uhr - zeitgleich mit ihrem historischen Beginn - die wichtigsten Ausschnitte der berühmten Abschiedsrede Schuschniggs. Auch die Sendung „Im Zentrum“ widmet sich dem 80. Jahrestag des „Anschlusses“.

Live-Debatten und Sondersendungen

Am 12. März überträgt ORF 2 ab 11 Uhr den offiziellen Gedenkakt aus dem Zeremoniensaal der Wiener Hofburg, wo André Heller die Gedenkrede halten wird. Eine von Tarek Leitner moderierte Sondersendung analysiert dann am 12. März um 20.15 Uhr unter Einbeziehung der Korrespondenten die Reaktionen des Auslands auf die Annexion. Auch der „kulturMontag“ hat seinen Schwerpunkt auf 1938 und berichtet u. a. über die künstlerische Klanginstallation am Heldenplatz.

Tags darauf befasst sich Bettina Schimaks und Peter Pawlowskys Dokumentation „Grüß Gott und Heil Hitler“ mit der Rolle der „Kirche unter dem Hakenkreuz“ - mit anschließender Diskussion, an der u.a. Ex-Bundespräsident Heinz Fischer und Kardinal Christoph Schönborn teilnehmen.

Am 15. März, 80 Jahre nach der berühmten Hitler-Rede am Heldenplatz, sendet man die Doku „Heldenplatz - Heldenbilder“ von Robert Gokl (21.05 Uhr, ORF 2) und ab 22.30 Uhr eine von Armin Wolf moderierte „ZiB 2 History“ live vom Heldenplatz.

Zeithistorische Spielfilme

Zu den weiteren Dokumentationen zählen „‚Heil Hitler, Herr Lehrer‘ - Jugend unterm Hakenkreuz“ von Peter Liska (21.3., 22.50 Uhr, ORF eins) und „Schluss mit Schuld - Was der Holocaust mit mir zu tun hat“ von Lisa Gadenstätter und Elisabeth Gollackner ( 21.3., 20.15 Uhr, ORF eins), die etwa Schülern gebeten haben, ihre Eindrücke bei einem Besuch des ehemaligen KZ Mauthausen mit ihren eigenen Smartphones einzufangen.

„Ich finde es wichtig, in die ehemaligen Konzentrationslager zu gehen und mit Zeitzeugen zu reden“, so Gadenstätter bei der heutigen Präsentation über die Auseinandersetzung der dritten und vierten Generation mit dem Thema.

An Spielfilmen hat der ORF u.a. „Elser - Er hätte die Welt verändert“ (Regie: Oliver Hirschbiegel, 14. März), „Im Labyrinth des Schweigens“ (Regie: Giulio Ricciarelli, 16. März), Franz Antels „Der Bockerer“ (10. März), und Wolfgang Glücks „38 - Auch das war Wien“ (13. März) im Programmangebot.

science.ORF.at/APA

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