Brexit: Britische Unis beruhigen

„Alles bleibt, wie es ist - zumindest vorerst.“ Mit dieser Botschaft waren kürzlich Vertreterinnen von britischen Universitäten in Österreich zu Besuch. Der Brexit sorgt für Unruhe in der Wissenschaft, die bisherigen Verhandlungen lassen aber auf Stabilität hoffen.

Es sei zu wenig bekannt, dass es bei den bisherigen Brexit-Verhandlungen auch Einigungen zu Wissenschaft und Forschung gegeben habe, so Anne-May Janssen, die bei der Lobbying-Organisation Universities UK International für die europäischen Beziehungen zuständig ist. Im Abschlussdokument der 1. Phase der Brexit-Verhandlungen wurde vereinbart, dass Großbritannien in den nächsten Jahren gleichberechtigter Partner bleibt - sowohl bei der Forschungsförderung über Horizon 2020 als auch beim Studierendenaustausch, Stichwort Erasmus: „Das gibt beiden Seiten Sicherheit“, zeigt sich Anne-May Jannsen im Interview mit Ö1 erfreut.

Wunsch: Assoziierter Status

Wie es weitergeht, sobald die Programme ausgelaufen sind und Großbritannien nicht mehr Mitglied der EU ist, müsse man aber abwarten. Ihr Wunsch wäre es, dass das Königreich einen ähnlichen Status einnimmt wie Norwegen oder die Schweiz - als assoziierter Partner, der für die Teilnahme bezahlt: „Das wäre für uns ideal.“ Die Vorteile würden die Kosten bei weitem übersteigen, so Anne-May Janssen, sie nennt vor allem die Netzwerke und die Möglichkeit, mit den besten Köpfen Europas im Wettbewerb zu stehen.

Ö1-Sendungshinweis:

Über das Thema berichtet auch das Mittagsjournal am 7.3.2018.

Seit der Brexit-Abstimmung gab es immer wieder Berichte, dass Forscher Großbritannien verlassen, britische Wissenschaftler gebeten werden, sich EU-Anträgen doch nicht anzuschließen, weil damit die Chancen einer EU-Förderung sinken würden. Miranda Thomas von Universities UK International kennt diese Berichte auch, sie spricht aber von „anekdotischem Wissen“, Zahlen und Fakten würden fehlen.

Dem widerspricht allerdings ein kürzlich in „Science“ erschienener Bericht, wonach etwa am University College London (UCL) bisher 30 Prozent aller Bewerbungen für ein Forschungsstipendium von Staatsbürgern anderer EU-Staaten gekommen sind. „Heuer war es kein einziger“, wird der Präsident des College zitiert. Das sei für ihn „ein Schock“ gewesen. Und auch die britische Studienplatzagentur UCAS hat 2017 von einem gesunkenen Interesse an Plätzen an britischen Universitäten berichtet.

Einladung aufrecht

Studierende, Forscherinnen und Forscher seien jedenfalls eingeladen, sich weiterhin für einen Aufenthalt in Großbritannien zu bewerben, ergänzt Delyth Chambers von der Universität Warwick: „Nichts verändert sich in den nächsten Jahren und hoffentlich auch danach nicht.“

Bei österreichischen Studierenden liegt Großbritannien auf Platz 3 der beliebtesten Ziele für einen Auslandsaufenthalt, einen Brexit-Knick beim Erasmus-Programm konnte man bisher nicht beobachten. Im Unterschied zu kritischen Stimmen, die fürchten, dass die Wissenschaft in der Menge der Verhandlungsthemen untergehen könnte, sind die Uni-Vertreterinnen zuversichtlich: In Großbritannien und der EU steht nach ihrer Wahrnehmung außer Zweifel, dass die wissenschaftliche Kooperation fortgesetzt werden muss - wie viel das kosten wird, wird noch zu klären sein.

Der britische Wellcome Trust, der als zweitreichste medizinische Stiftung der Welt jährlich rund 400 Millionen Pfund (rund 450 Millionen Euro) in Forschung investiert, hat in einem Schreiben an die Regierung bereits darauf hingewiesen, dass Großbritannien zukünftig möglicherweise mehr wird einzahlen müssen, als es an EU-Forschungsförderung zurückbekommt. Bisher war das genau umgekehrt.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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