Der Popstar aus Cambridge

Ein brillanter Geist in einem gelähmten Körper - Stephen Hawking war der Inbegriff des genialen Forschers. Nur der Nobelpreis blieb ihm verwehrt: Das lag, so paradox es klingt, an seinen visionären Ideen.

Das Wort „Popstar“ ist heutzutage auch bei Wissenschaftlern schnell, mitunter zu schnell bei der Hand. Aber Hawking war tatsächlich ein solcher, abzulesen etwa an seinen zahlreichen Auftritten in TV-Serien. Bei den Simpsons durfte er (beziehungsweise sein Alter Ego) kurz über die Vision einer einheitlichen Feldtheorie dozieren - um kurz darauf einen Tumult mit einem automatischen Boxhandschuh anzuzetteln.

Dass der theoretische Physiker als popkulturell anbindungsfähiges Genie wahrgenommen wurde, liegt zum einen an seinem wissenschaftlichen Fach, zum anderen an seinem Erfolg als Buchautor: Die „Kurze Geschichte der Zeit“ war ein Millionenseller.

Brillanter Geist, gelähmter Körper

Und nicht zuletzt wurde seine Erscheinung auch von der Nervenerkrankung ALS geprägt, die ihn an den Rollstuhl fesselte und ihm sogar das Sprechen unmöglich machte. Hawking konnte sich nicht ohne maschinelle Hilfe mitteilen, wenn er sprach, dann mit der blechernen Synthetikstimme eines Computers. Und genau dieser Umstand machte ihn wohl endgültig zur Projektionsfläche eines Klischees: Hier war er, der Inbegriff des brillanten Geistes, gefangen in einem hinfälligen Körper.

Stepehen Hawking bei einem Vortrag über Kosmologie

AP Photo/Keystone, Salvatore Di Nolfi

Der Chefingenieur des Universums: Hawking bei einem Vortrag im Jahr 2009

Mit seinem Schicksal gehadert hat Hawking nicht. Er sah die unheilbare Krankheit sogar als gute Wendung in seinem Leben. Sie habe, sagte er einmal, seiner Forschung den notwendigen Fokus gegeben: Dass Hawking die theoretische Physik oft auch bildhaft, in Form konzeptueller Ideen interpretierte, vor allem an der Grenze von Quantenphysik und Kosmologie, mag ebenfalls mit seinen körperlichen Begrenzungen zu tun gehabt haben.

Sendungshinweise

Über Stephen Hawking berichtet Ö1 im Morgenjournal, im Journal um acht sowie im Mittagsjournal. Dem verstorbenen Astrophysiker widmen sich heute auch die Dimensionen, 19.00 Uhr.

Die Schwerkraft und der liebe Gott

Den Nobelpreis bekam er trotz seiner visionären Beiträge nie. Beziehungsweise wohl gerade deshalb: Denn seine geistigen Höhenflüge führten ihn vielfach in Regionen, die noch außerhalb der Reichweite der Experimentalphysik lagen.

Bisweilen führten sie ihn auch in Grenzbereiche der Wissenschaft. Hawking formulierte etwa die Idee, das Universum könnte durch eine Quantenfluktuation der Schwerkraft entstanden sein. Das Wirken eines Schöpfers wollte Hawking darin nicht erkennen, er hielt Gott für „überflüssig“. Zumindest in dieser Hinsicht gab es in der Physikergemeinde Kollegen, die ihm widersprachen. Guy Consolmagno, der Chefastronom des Papstes, antwortete auf Hawkings Idee mit der Schwerkraft: „This is why catholics celebrate the mass.“

Robert Czepel, science.ORF.at

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