Erinnerung an Mexikos „Anschluss“-Veto

Mexiko hat am 19. März 1938 als einziges Land im Völkerbund gegen den „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland protestiert. Am Montag, genau 80 Jahre danach, wurde deshalb am Wiener Mexikoplatz das Gedenkprojekt "Gekreuzte Geschichten“ eröffnet.

Im Zuge der wachsenden Ausstellung soll der Platz ein „Kreuzungspunkt der Erinnerung“ werden, so der Initiator Berthold Molden.

Fischer: „Mutig, klug und völkerrechtskonform“

Niemand in Europa habe damals „einen Finger gerührt, um Österreich zu helfen“, sagte Altbundespräsident Heinz Fischer bei eisigen Temperaturen anlässlich der Eröffnung der Ausstellung. Ausgerechnet das geografisch weit entfernt liegende Mexiko habe sich „mutig, klug, anständig und völkerrechtskonform“ verhalten, so Fischer, der sich stellvertretend dafür bei der mexikanischen Botschafterin in Wien, Alice Buenrostro Bassieu, bedankte.

Das Gedenkprojekt wolle die Vergangenheit mit der Gegenwart verknüpfen. Es schlage so einen „Bogen von der historischen Faschismuserfahrung Österreichs in unsere Gegenwart, in der Österreich selbst Ziel für Kriegs- und Diktaturflüchtlinge sei. Es verbinde historische Erinnerung mit aktueller Problematik und schaffe im öffentlichen Raum Bewusstsein dafür, was Solidarität in schwierigen Zeiten bedeute oder bedeuten sollte“, betonte Fischer.

Trotz des „unübersehbaren“ Zulaufs zu nationalistischen Strömungen in den vergangenen Jahren zeigte sich das ehemalige Staatsoberhaupt jedoch überzeugt, dass „unsere Demokratie gefestigt genug ist, und die Menschen fähig sind, aus der Geschichte zu lernen“. „Ich bin auch überzeugt davon, dass wir mit unseren demokratischen, rechtsstaatlichen und menschenrechtsorientierten Auffassungen in der Mehrheit bleiben werden“, sagte Fischer.

Flüchtlinge wurden in Mexiko aufgenommen

Der formelle Protest der mexikanischen Regierung vor dem Völkerbund am 19. März 1938 leitete auch eine aktive Solidaritätspolitik Mexikos gegenüber Flüchtlingen aus dem „Dritten Reich“ und anderen europäischen Ländern ein. Tausenden Juden wurde damals Asyl gewährt, vor allem Gebildeteren, erinnerte Ricardo Loewe, der selbst als Kind geflohener Eltern in Mexiko geboren wurde, anlässlich der Ausstellungseröffnung.

Im Zuge des Projektes „Gekreuzte Geschichten“ werden zusätzlich zu zwei bereits bestehenden Litfaßsäulen, historischen Erzählungen und Plakaten zu den damaligen Ereignissen zwei weitere im Mai aufgestellt. Im Juni folgt ein Filmprojekt („Exiled Gaze - Der exilierte Blick“), im September schließlich die Ausstellung „Das Recht des Anderen - El derecho ajeno“. Ab Mai finden zusätzlich Werkstätten im Park vor der Mexikokirche im zweiten Wiener Gemeindebezirk, Hausbesuche und andere Performances zum Thema statt.

science.ORF.at/APA

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