Was die Eierschale so besonders macht

Stabil und doch zerbrechlich: Das Ei ist ein Wunderwerk der Natur. Kanadische Forscher haben die Nanostruktur der Eierschale sichtbar gemacht - und erstmals im Labor nachgebaut.

Wer zu Ostern gerne Eier peckt, weiß: Manche Eier sind einfach stabiler als andere. Das hat mit der schwierigen Aufgabe zu tun, die die Eierschale zu erfüllen hat. Sie soll anfangs den Embryo beschützen und so fest sein, dass sie beispielsweise das Gewicht der brütenden Henne aushält. Später ist das Gegenteil gefordert, dann soll sie dem Kücken das Schlüpfen nicht allzu schwer machen.

Studie

„Nanostructure, osteopontin, and mechanical properties of calcitic avian eggshell“, Science Advances (30.3.2018).

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 3.4., 13.55 Uhr.

Schale wird immer dünner

Wie die Natur diesen Widerspruch bewältigt, haben kürzlich Zellbiologen der McGill University in Montreal herausgefunden. Mit neuen Forschungsmethoden gelang es erstmals, die Nanostruktur der Eierschale eines Haushuhnes zu untersuchen, sagte Teamleiter Marc McKee gegenüber science.ORF.at:

„Auf den ersten Blick scheint eine Eierschale überall die gleiche Struktur aufzuweisen. Auf der Nanoebene zeigt sich aber, dass die einzelnen Schichten aus unterschiedlichen Nanokristallen bestehen, die sich in Härte und Elastizität unterscheiden.“

Die äußere Schicht ist am stabilsten, die innere hingegen löst sich im Laufe der Zeit auf. Dabei löst sich Kalzium, das für die Knochen des Kükens gebraucht wird. So wird die Schale immer dünner und bricht auch leichter, wenn das Küken schlüpfen will.

Nanostruktur der Eierschale

Marc McKee

Die Nanostruktur der Eierschale

Dass der Hühnerembryo mit Kalzium versorgt wird und dadurch gleichzeitig die Schale immer dünner wird, ist für McKee eines der effizientesten Systeme der Natur: „Von den Dinosauriern bis heute haben sich Eierschalen in der Evolution bewährt.“

Um die einzelnen Schichten herauszuschneiden und zu untersuchen, verwendete McKee einen fokussierten Ionenstrahl und ein Elektronenmikroskop. Frühere Versuche mit einem Diamantmesser scheiterten, dabei zerbrach die Schale.

Nanostruktur nachgebaut

Den Forschern ist es auch gelungen, Teile der Nanostruktur einer Eierschale nachzubauen. Eierschalen bestehen hauptsächlich aus Kalk, genauer: aus kristallisierten Kalziumverbindungen und Proteinen. Durch die Zugabe des Proteins Osteopontin zu synthetischem Kalk konnten sie ein Nanogranulat erzeugen, dass jenem der Eierschale sehr ähnlich war.

„Natürlich ist die Eierschale wesentlich komplexer, hier spielen Hunderte verschiedene Proteine eine Rolle, aber die Grundstruktur des Nanogranulats konnten wir nachbauen“, so McKee. Besonders die Struktur der stabileren Schichten sei für die Industrie interessant. Sie könne helfen, neue Materialien zu entwickeln, die leicht und bruchfest sind.

Als Nächstes will McKee die Nanostruktur der Eierschalen von verschiedenen Hühnerarten vergleichen: „Wenn wir wissen, welche Eierschale die beste Nanostruktur hat, kann man gezielt die Hühner züchten, bei denen die Eier am schwersten brechen.“ Denn je stärker die Schale, desto niedriger die Gefahr, dass Bakterien wie Salmonellen ins Ei gelangen. Und nicht zuletzt ließe sich die optimierte Nanostruktur auch beim österlichen Eierpecken strategisch einsetzen.

Katharina Gruber, Ö1-Wissenschaft

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