Wichtigster Faktor für längeres Leben

In reicheren und besser gebildeten Gesellschaften leben Menschen länger. Das Bildungsniveau ist für die Lebenserwartung noch wichtiger als das Einkommen, berichten nun Forscher.

Die Demografen Wolfgang Lutz und Endale Kebede prüften für ihre Studie zwei bereits länger bestehende Hypothesen: 1975 entwickelte Samuel Preston die sogenannte Preston-Kurve, die das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Person auf der horizontalen Achse und die Lebenserwartung auf der vertikalen Achse zeigt.

Studie

”Education and Health: Redrawing the Preston Curve”, Population and Development Review, 14.4.2018

Die Kurve zeigt einen klaren, aber abflachenden Aufwärtstrend der Lebenserwartung mit steigendem BIP. Im Langzeitvergleich verschieben sich die Kurven zunehmend nach oben - dies kann durch eine bessere Gesundheitsversorgung erklärt werden. Zehn Jahre später gingen John Caldwell und Pat Caldwell allerdings davon aus, dass die sinkende Sterblichkeitsrate durch die ansteigende weibliche Bildung verursacht wurde.

Wirkt sich auf Lebensstil aus

Zum Test der beiden Hypothesen analysierten Lutz und Kebede globale Daten aus 174 Ländern von 1970 bis 2015. Die beiden Wissenschaftler des Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital in Wien und Laxenburg (NÖ) kamen dabei zum Schluss, dass nicht das steigende Einkommen, sondern Bildung der entscheidende Faktor für ein langes Leben ist.

Unter anderem untersuchten die Forscher die Lebenserwartung in Abhängigkeit von der mittleren Schulzeit der erwachsenen Bevölkerung. Ergebnis: Die Kurve verläuft deutlich stärker linear - dies deute darauf hin, dass Bildung die Entwicklung viel besser erkläre, hieß es in einer Aussendung der WU. Ähnlich zeigte sich auch das Bild in Bezug auf Kindersterblichkeit.

Als Erklärung weisen die Forscher darauf hin, dass höhere Bildung meist zu komplexerem und längerfristigem Denken führt und damit auch oft zu Verhaltensweisen, die sich auf die Gesundheit positiv auswirken. In den vergangenen Jahrzehnten hätten sich außerdem die häufigsten Todesursachen zunehmend von infektiösen auf chronische Krankheiten verlagert, welche stärker vom individuellen Lebensstil abhängen.

Politisch relevant

„Unsere Forschung zeigt radikalere Ergebnisse als frühere Analysen zum Thema. Sie widersprechen der weitverbreiteten Ansicht, dass Einkommen und medizinische Interventionen die Hauptfaktoren für Gesundheit sind. Sie zeigt sogar, dass der scheinbare Zusammenhang zwischen Einkommen und Gesundheit nicht kausal ist und beides durch Bildung beeinflusst wird“, so Lutz.

Die Studie könne eine wichtige Entscheidungshilfe für die Politik sein, betonte er. „Gerade für politische Entscheidungsträger ist die Fragen, welche Faktoren ausschlaggebend für die menschliche Lebenserwartung sind, von hoher Bedeutung. Denn die Antwort darauf lässt wichtige Rückschlüsse darauf ziehen, wofür Mittel bereitgestellt werden sollten.“

science.ORF.at/APA

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